Rotterdam/London - Polizisten haben den Eigentümer des "Todeslasters" von Dover in Rotterdam festgenommen. Arje van der Spek, Eigentümer der Spedition, in deren Lastwagen 58 chinesische Flüchtlinge erstickt sind, habe sich bereits am Dienstagabend gestellt, sagte ein niederländischer Justizsprecher am Mittwoch. Der 24-Jährige sei wegen Verdachts auf Beteiligung am Menschenhandel an die zuständige Justizbehörde überstellt worden. Am Vortag war auch ein 55 Jahre alter Mann festgenommen worden, der nach Angaben des niederländischen Rundfunks der Vater des in Großbritannien festgenommenen Lastwagen-Chauffeurs ist. Ebenso wie van der Spek werde er am Freitag dem Haftrichter vorgeführt, hieß es. Die toten Flüchtlinge waren am Montag im englischen Fährhafen Dover entdeckt worden. Bei Razzien hätten die Ermittler ferner Unterlagen über die Spedition sichergestellt, sagte Staatsanwalt Johann Klunder. Weitere Festnahmen seien nicht auszuschließen. Der Erstickungstod der chinesischen Flüchtlinge bei der illegalen Einreise hätte möglicherweise verhindert werden können, wenn die Behörden aufmerksamer gewesen wären. Die Sonderkommission der britischen Polizei zur Aufklärung der Tragödie prüft, ob die Gruppe zuvor schon einmal in Belgien aufgegriffen wurde. Der belgische Innenminister Antoine Duquesne ordnete eine Untersuchung darüber an, warum der niederländische Gemüsetransporter, in dem sich die 60 ChinesInnen versteckt hatten, im Hafen von Zeebrügge nicht kontrolliert wurde, obwohl er dem Zoll verdächtig vorkam. Entsetzen "Eine rechtzeitige Intervention hätte Leben retten können", sagte dazu am Mittwoch der Labour-Abgeordnete Gwyn Posser in einer Debatte im britischen Unterhaus. Premierminister Tony Blair sagte, das Vorgehen der belgischen Behörden müsse untersucht werden. Er sei "entsetzt" über das "abgrundtief böse" Geschäft mit der Ware Mensch. Die belgische Polizei hat nach eigenen Angaben am 16. April in den Orten Bornem und Puurs südlich von Antwerpen 60 ChinesInnen aufgegriffen, die offensichtlich illegal eingewandert waren. Ebenso wie bei der Gruppe aus Dover ging es dabei um 56 Männern und vier Frauen jüngeren Alters. Die Gruppe wurde ohne Aufsicht in einen Zug nach Antwerpen gesetzt, um dort auszureisen. Ob das wirklich geschah, wurde aber nicht überprüft. Die 60 ChinesInnen, von denen am Montag in Dover 58 tot aufgefunden worden waren, hatten eine vier Monate lange Reise aus China zurückgelegt. Das ergibt sich aus dem Bericht eines Angehörigen. Demnach hatte die Gruppe im Februar die Stadt Jiangle in der Küstenprovinz Fujian verlassen und war über Peking, Moskau, Tschechien und Holland Richtung Großbritannien gereist. Immer wieder hätten die "Illegalen" die Verwandten daheim über den Stand der Reise unterrichtet. Der Angehörige berichtete, sein Neffe habe 14.000 Dollar gezahlt, um nach Großbritannien gebracht zu werden. Der belgische Innenminister Duquesne wies am Mittwoch darauf hin, er habe bereits am 14. Juni seinen britischen Amtskollegen Jack Straw auf den zunehmenden Strom von "Illegalen" in Lastwagen hingewiesen. Demnach sind in den belgischen Seehäfen Zeebrügge und Ostende zwischen Jänner und Mai 2.069 illegal Eingewanderte gefasst worden, im Juni bereits 1.036. Sie kamen meist vom Balkan, aus Sri Lanka oder China und wollten nach Großbritannien. Auch in Dover entdeckte der Zoll in dieser Woche erneut Dutzende illegale Flüchtlinge. (APA)