Bild nicht mehr verfügbar.

Festredner Ari Rath: "Gerade, wegen der gespannten Lage in unserem Teil der Welt, wollten wir beweisen dass das gegenseitige persönliche Verständnis und menschliche Freundschaft die stärksten Bausteine eines wahren Friedens sind".

FOTO: APA/rubra
Linz - Die Eröffnung des diesjährigen Brucknerfestes Linz am Sonntag ist zu einem Appell für Frieden - vor allem im Nahen Osten - geraten. Bundespräsident Heinz Fischer stellte in seiner Eröffnungsrede fest, Probleme seien nicht durch Krieg und Gewalt zu lösen. Und die Festrede des israelischen Journalisten Ari Rath stand unter dem optimistischen Motto "Auch wenn die Kanonen donnern, schweigt die Muse der Musik nicht".

Rede von Bundespräsident Fischer

Der Bundespräsident nannte als Weg zur Lösung von Konflikten den Dialog, Verhandeln und das sich in die Position des anderen hineinversetzen. Fischer ging auch auf den bevorstehenden Jahrestag der Terroranschläge in den USA am 11. September ein, die er als "wahnsinniges Verbrechen" bezeichnete. Es sei notwendig, den Terror zu bekämpfen und sich zu schützen. Es gelinge aber nicht am wirksamsten, wenn Brücken und Infrastruktur zerstört, hunderttausende Menschen in die Flucht geschlagen würden und unschuldige Zivilisten ums Leben kommen. Es sei vielmehr notwendig, die eigentlichen Wurzeln und Ursachen zu beseitigen.

Wenn ein hoher Betrag für Flüchtlinge, für den Aufbau eines Landes und zur Beseitigung von Hass aufgewendet werde und ein ebenso hoher für militärische Aktionen, dann sei es eindeutig, welche Alternative mehr dazu beitrage, friedliche Verhältnisse zu schaffen, gab das Staatsoberhaupt zu bedenken.

Beitrag zum Frieden

Fischer betonte, Kunst und Wissenschaft könnten zum Frieden beitragen. Er erinnerte an den Briefwechsel zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud zu der Frage "Warum Krieg?" und die Feststellung, wenn der Krieg beginne und die Waffen sprächen, würden die Musen schweigen, höre die Vernunft auf - und umgekehrt. "Wir können, müssen, sollen die Vernunft gebrauchen, um den Krieg aus dem Arsenal der Menschheit zu verdammen", forderte Fischer und er zeige sich dankbar für die Beiträge der Kunst zu solchen Überlegungen.

Kunst-Staatssekretär Franz Morak (V) würdigte das Brucknerfest, das ursprünglich an andere Festspiele angelehnt mit Schwerpunkt Anton Bruckner begonnen worden war, später aber in einer "kühnen Idee" mit der Ars Electronica und der Klangwolke verwoben worden sei und mit dieser Verbindung traditioneller Kompositionen mit modernsten Informationtechnologien einen alten Konflikt aufgelöst habe. Bei den seit 1977 eingeladenen Festrednern - der erste war Friedrich Heer - gebe es eine "sehr sehr sensible Auswahl" aus verschiedenen Ländern, Disziplinen, Tradition und Moderne.

Festrede von Ari Rath

Die Festrede hielt der 1925 in Wien geborene, aus Österreich vertriebene Journalist Ari Rath, der als Chefredakteur und Herausgeber der angesehenen englischsprachigen "Jerusalem Post" immer die Linie eines Nahostfriedensprozesses und eines friedlichen Nebeneinanders der beiden Völker vertrat. Sie trug den Titel "Die Ewigkeit der Sprache der Musik. Auch wenn die Kanonen donnern, schweigt die Muse der Musik nicht".

Rath war zusammen mit einem befreundeten palästinensischen Ehepaar gekommen und wollte damit ein Symbol des Friedens und der Stimmen der Vernunft setzen. "Gerade, wegen der gespannten Lage in unserem Teil der Welt, wollten wir beweisen dass das gegenseitige persönliche Verständnis und menschliche Freundschaft die stärksten Bausteine eines wahren Friedens sind". Er forderte seine Zuhörer auf, in einer Schweigeminute an alle Menschen zu denken, "die zu Opfern dieses sinnlosen Krieges wurden und trotzdem unsere Hoffnung für eine Frieden in unserem so oft geplagten Teil der Welt nicht aufgeben".

Volkerverbindende Beispiele

Der Festredner verwies auf eine Reihe von Völker verbindenden Beispielen von gemeinsamen musikalischen Projekten, beispielsweise das "West-Ost-Diwan-Orchester" unter der Leitung von Daniel Barenboim, in dem an die hundert junge Musiker aus Israel, Palästina und mehreren arabischen Ländern schon einige Jahre gemeinsam üben und spielen. "Die Sprache und Töne der Musik sind in der Tat die einzige Weltsprache, die von allen Kulturen und Völkern verstanden wird und die Menschen schon im Zeitalter der primitiven Stämme ansprechen konnte. Jedes Zeitalter, jede Zivilisation, hatte ihre Musiksprache, deren Verständnis tiefe Abgründe und enorme Entfernungen von Zeit und Raum überbrücken konnten", betonte Rath, der aber auch verlangte, den Missbrauch der besten klassischen Musik in der Zeit der Nazi-Herrschaft nicht zu vergessen.

Eröffnungskonzert

Sonntagabend fand das Eröffnungskonzert des Bruckner Orchesters Linz unter der Leitung seines Chefdirigenten Dennis Russell Davies statt, das auch als klassische Klangwolke in den Donaupark übertragen wurde. Bis 30. September folgen zahlreiche weitere Konzerte und andere Aktivitäten unter anderem spielt das Cleveland Orchestra unter seinem Chefdirigent, dem Oberösterreicher Franz Welser-Möst, das Tschaikowski Symphonieorchester Moskau unter Vladimir Fedosejew, das Beethoven Orchesters Bonn unter Roman Kofman, die Staatskapelle Weimar unter Christian Arming und die Slowenischen Philharmonie unter George Pehlivanian. Eine konzertante Aufführung des "Siegfried", Kammermusik, Orgelkonzerte, Musik unserer Zeit im ORF-Landesstudio Oberösterreich und kulturell geprägte Spaziergänge in Ottensheim (Bezirk Urfahr-Umgebung) mit einer abschließenden Aufführung von Orffs "Carmina Burana" ergänzen das Programm des Brucknerfestes 2006. (APA)