Wien - Hausherr Peter Rantaaa nahm gar das Wort "historisch" in den Mund, um zu beschreiben, was sich am Wochenende im Music Information Center Austria (Mica) begab: Vertreter von 16 europäischen Komponistenverbänden setzten ihre Unterschrift unter das Gründungsdokument des European Composers Forum (ECF), der ersten offiziellen Interessenvertretung von Komponierenden im Bereich zeitgenössischer Musik.

Und sie taten damit - unter der Federführung des Salzburger Komponisten und derzeitigen Präsidenten des Österreichischen Komponistenbunds, Klaus Ager, der zum ersten Vorsitzenden ernannt wurde - einen entscheidenden Schritt in Richtung eines Dachverbands, der Musikschaffende aller Genres auf europäischer Ebene vertreten soll: Im Jänner konstituierte sich der Verband der Film- und Medienkomponisten (FFACE), nun in Wien das ECF, für Ende September ist in Paris auf Initiative der British Academy of Composers and Songwriters die konstituierende Sitzung einer Association of Popular Composers Organisations geplant. Ende des Jahres soll dann in Madrid ein auf diesen drei "Säulen" beruhenden Dachverband gegründet werden.

"Wir haben festgestellt, dass etwa in den Diskussionen um Urheberrechte alle mitreden, nur wir Urheber selbst nicht. Und dass die EU in dieser Sache Empfehlungen für Gesetzesänderungen ausgibt, ohne dass man uns fragt. Wir haben in Europa keine wirkliche Stimme", skizziert Klaus Ager die initiale Motivation.

Tatsächlich sind die Bereiche der Musikindustrie - in Gestalt des in London residierenden Weltverbands der Phonoindustrie (IFPI) - wie auch die Verwertungsgesellschaften (Cisac, 1926 gegründet) seit Jahrzehnten international vernetzt. Nicht so die Musikschaffenden: "Sie arbeiten eher für sich und denken, die Welt soll sich um das Geschaffene kümmern", sieht Ager die Ursachen im weit verbreiteten romantischen Künstler-Individualismus. "Musikverleger und die Plattenindustrie sehe ich als Partner. Es gibt viele gemeinsame Interessen, aber auch unterschiedliche. Unsere Aufgabe wird es auch sein zu verhindern, dass sie über die Komponierenden 'drüberfahren'", so Klaus Ager.

Als zentralen Aufgabenbereich für diese Lobbying-Arbeit, für deren Ermöglichung EU-Kulturkommissar Jan Figel' Unterstützung zugesagt hat, sieht er das Urheberrecht, das dem Prozess einer sukzessiven "Aushöhlung" unterliege.

Mozartgroschen

"Warum ist die Aufführung von zeitgenössischer Musik teurer als die von historischer Musik? Die Veranstalter und das Publikum werden quasi bestraft, wenn sie neue Musik hören wollen: Bei geschützter Musik bezahlt man 15 Prozent AKM-Abgabe; wenn man Mozart spielt, zahlt man nichts. Das ist eine Verzerrung des Wettbewerbs. Dabei rede ich noch nicht einmal von den Subventionen, die ja in Österreich zu 80 Prozent in die klassische Musik gehen", so Ager, der den von Mozartjahr-Intendant Peter Marboe eingeführten "Mozartgroschen", der der Förderung Neuer Musik zugute kommt, als "Schritt in die richtige Richtung" bezeichnet.

Ein weiteres Problem sind die unterschiedlichen Schutzfristen: Während sie in den meisten europäischen Ländern bis 70 Jahre nach dem Tod des Komponisten gelten, tun sie das in den USA nur bis 30 Jahre nach Entstehung eines Werks. Ager: "Das heißt, dass meine frühen Werke in den USA aufgeführt werden können, ohne dass ich Geld sehe, hingegen muss für Musik Milton Babbitts, wird sie in Österreich gespielt, voll bezahlt werden. Eine weitere Frage, die nur über die europäische Ebene zu lösen ist." (Andreas Felber /DER STANDARD, Printausgabe, 12.9.2006)