Besucherzahlen, man darf es getrost sagen, sind im österreichischen Spielfilm nur bedingt ein Thema. Von den 50 besucherstärksten Produktionen der vergangenen 20 Jahre, die das Österreichische Filminstitut auf seiner Homepage auflistet, konnten nur 19 mehr als 100.000 Kinogeher verbuchen. Nicht weniger als fünf davon – Hinterholz 8 , Poppitz, MA 2412, Wanted und Freispiel – inszenierte Harald Sicheritz. Im Bereich der hier zu Lande produzierten Film- und TVUnterhaltung sichert ihm das eine ungewöhnliche Ausnahmestellung.

 

Andererseits ist damit immer noch eine „Ausnahme“, die dem breiteren Publikum meist kaum auffällt, denn: Redet man von Hinterholz 8 (618.000 Besucher) und Poppitz (441.000 Besucher), dann redet man meist von Roland Düringer. Denkt man an Wanted (187.000 Besucher) und Freispiel (174.000 Besucher), dann denkt man an Alfred Dorfer. Wenn man im Fernsehen MA 2412 schaut (im Kino taten es 273.000 Besucher), sieht man: Dorfer und Düringer! In Rezensentenkreisen subsumiert man das unter dem Slogan „Österreichischer Kabarettfilm“, den wiederum hat Harald Sicheritz mitbegründet, und zwar 1993 mit der Komödie Muttertag, mit der Dorfer und Düringer als Mitglieder der Gruppe Schlabarett immerhin schon 88.000 Menschen ins Kino lockten.

Reden wir also über Harald Sicheritz. Wie unterhält das Fernsehen?, fragte der 1958 in Stockholm als Sohn eines AUAPiloten Geborene Anfang der 80er in seiner Dissertation als Kommunikationswissenschafter. Und wie das Fernsehen informiert, lernte Sicheritz in weiterer Folge durch Beiträge für das seinerzeit legendäre ORF-Jugendmagazin Ohne Maulkorb – bis 1988 eine niederschmetternde ärztliche Diagnose Knochenkrebs lautete.

Harald Sicheritz überwand die Krankheit (wie übrigens vor zwei Jahren auch Verletzungen nach einem schweren Autounfall) und belegte Regieseminare in Los Angeles – wo er sich einiges von dem nüchternen Pragmatismus angeeignet haben dürfte, der die Regie in seinen Filmen oft unsichtbar erscheinen lässt.

Nach Wien zurückgekehrt, eröffnete Sicheritz’ einstiges Engagement bei der Band Wiener Wunder Kontakte zur Kabarettszene. Als schließlich Muttertag keine berauschenden Kritiken erntete, quittierte der Regisseur dies mit dem Verdacht, dass „sich die heimischen Kritiker dem Zustand der katholischen Kirche annähern und sich im Besitz der alleinigen Wahrheit glauben“.

Seither lachen sich Kabarettfilmfans und Kabarettfilm-Abstinenzler gegenseitig aus, was den Schluss zulässt, dass es zumindest zwei Wahrheiten geben könnte. Von beiden erzählt nicht zuletzt die vorliegende DVD-Edition. Eine dritte hat Sicheritz formuliert: „Filmemachen in Österreich ist ein Guerillakampf. Wenn Kassenerfolg in unserem Land ein Kriterium wäre – dann würden ganz wenige Filme hier entstehen.“ (Claus Philipp)