Grafik: Standard; Quelle: ST.AT - Prognose
Wien – Die aktuelle Arbeitsmarktsituation für ältere Arbeitnehmer bzw. Arbeitslose ist alles andere als rosig, zeigt eine Untersuchung, die die Arbeiterkammer Wien initiiert hat. Immer häufiger werden solche Personen "freigesetzt", weshalb sich die Zahl der älteren Arbeitslosen ständig erhöht. Im Jahr 2005 waren es bereits 72.000 Personen, die als ältere Arbeitslose wenig Chancen auf Wiedereinstieg haben, so ÖGB-Sekretär Richard Leutner. Die Erwerbsbeteiligung bei älteren Personen ist mit 31,8 Prozent der Beschäftigen (Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen) bereits jetzt im EU-Vergleich niedrig.

Erwartet wird, dass sich die Situation nicht entschärfen wird. In den kommenden 15 Jahren stoßen nämlich die "Babyboomer" aus den Geburtsjahrgängen Mitte der 50er-Jahre bis 1970 dazu (siehe Grafik). Außerdem wird erwartet, dass mehr Frauen auf den Jobmarkt drängen und Arbeitsmarkt- bzw. Grenzöffnung Zuzug von jungen Arbeitnehmern bringt. "An eine demografische Entlastung glauben wir nicht", entkräftet Wöss die oft von Personalberatern oft vertretene These, dass aufgrund von weniger Geburten ab dem Jahr 2010 der ältere Arbeitnehmer wieder mehr am Arbeitsmarkt geschätzt wird.

Leutner ortet an der Situation Versagen der Regierung. Schließlich wurde das Pensionsalter nach oben gesetzt und vorzeitiger Pensionsantritt mit Abschlägen versehen. Auch belegt die Untersuchung, dass diejenigen, die (noch) einen Job haben, ihre Situation als unsicher empfinden. Die AK-Studie, die jene Faktoren herausarbeitet, die die Verdrängung aus dem Erwerbsleben begünstigen, kommt zu dem Schluss, dass sich Arbeitnehmer umso marginalisierter fühlen, je älter sie werden. Und dass aufgrund von Arbeitsverdichtung und Stress gleichzeitig Ängste immer stärker werden, "das Ganze eh nicht bis zur Pension durchzuhalten", wie es Studienautor Ulrich Schönbauer formuliert. Dabei resignieren vor allem Arbeiter in Branchen mit hohem gesundheitlichen Verschleiß, etwa im Bauwesen.

Verglichen mit der Situation des älteren Arbeiters ist die des älteren Angestellten besser. Letztere nehmen zwar Altersdiskriminierung ebenfalls wahr, sehen ihre Zukunft aber dennoch mehrheitlich optimistisch bis stabil. "Erfahrung zählt nicht mehr. Es gibt das Gefühl der Ersetzbarkeit", sagt Schönbauer.

Forderungen

Eine zukünftige Regierung müsse dem Problemkreis viel mehr Aufmerksamkeit schenken, meint Leutner. Unter Einbindung der Sozialpartner müsse ein Aktionsplan installiert werden, der auch die Arbeitsmarktchancen verbessert. Dieser Plan müsse etwa Gesundheitsförderung und eine Neuordnung der Altersteilzeit beinhalten. (ruz, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.9.2006)