Wien – "Der Fahrdienstleiter war in einer schwierigen Situation, schließlich sah er sich mit den Forderungen eines Ministerialbeamten konfrontiert", kommentiert Gary Pippan, Pressesprecher der ÖBB-Holding die Tatsache, dass im Juni ein Intercity für einen Beamten des Verkehrsministeriums außerplanmäßig in Neulengbach angehalten wurde. Weil der Mann seinen Zug verpasst hat.

Folgen

Der ÖBB-Mann hat keine Konsequenzen zu befürchten, betont Pippan. Im Verkehrsministerium wird der Fall dagegen jetzt geprüft, auch im Hinblick auf mögliche dienstrechtliche Folgen für den Spitzenbeamten, wie der Pressesprecher von Minister Hubert Gorbach, Carl Ferrari-Brunnenfeld, klarstellt.

Ein Kunde ist ein Kunde

"Ein Kunde ist ein Kunde, wir wollen alle gleich behandeln", merkt ÖBB-Sprecher Pippan zu dem in der Mittwochausgabe von Österreich veröffentlichten Fall an. Was natürlich nicht bedeutet, dass jeder nach Gutdünken einen Zug stoppen lassen kann. Obwohl dies in der Vergangenheit durchaus möglich war, wie Pippan rekapituliert. "Bis vor einigen Jahren gab es in unseren Beförderungsbedingungen den Passus, dass es jedem möglich ist, einen Wunsch für einen außertourlichen Halt anzumelden", erläutert der Sprecher.

Zwei Stoppgründe

Gedacht war diese Möglichkeit etwa für Schülergruppen, die bei einem Ausflug ins Gebirge unnötige Anreiseverzögerungen vermeiden wollten. Bei entsprechender Vorlaufzeit wurden die Wünsche früher durchaus umgesetzt – nicht nur für Schülergruppen, sondern dem Vernehmen nach auch für Landespolitiker. Heute finden sich in den Beförderungsbedingungen nur mehr zwei Gründe für ungeplante Stopps: Ein medizinischer Notfall, oder wenn betriebsbedingt Garnituren ausfallen und das Warten auf den Folgezug zu lange dauern würde.

Beförderungsbedingungen Stichwort Beförderungsbedingungen: Die werden laut Pippan zwar immer wieder aktualisiert. Weil sie sich aber teils auf Gesetze aus den 50er-Jahren beziehen finden sich darin auch leicht veraltete Formulierungen. Wie in der Anlage "Beförderung kranker Personen". Die sind nämlich dem Zielbahnhof "telegraphisch oder fernmündlich" zu avisieren – was angesichts fehlender Telegrafenleitungen etwas schwierig wird. (moe; DER STANDARD Printausgabe 28.9.2006)