Heinz Lutter, Architekt in Wien.

Foto: Jonathan A. Lutter
Ein Blick in die Werbung zeigt, dass vor allem der Ziegelstein hoch im Kurs steht. Ziegel suggeriert massives Bauen, Sicherheit und Beständigkeit. Wände aus Ziegel haben außerdem den Vorteil, dass sie gute Speichermasse abgeben, Leitungen sind einfach einzustemmen, und das Anbringen von Wanddekoration ist unproblematisch.

Beton dagegen muss sich mit seinem schlechten Image vom "Zubetonieren" herumschlagen. Die seltene Werbung schafft es kaum noch, die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten dieses unterbewerteten Materials hervorzustreichen. Aufgrund seiner statischen Gegebenheiten lässt Beton mitunter sehr schlanke Konstruktionen zu. Es wird Offenheit ermöglicht, die dem Klischee des Bunkermodells ganz und gar nicht entspricht.

Durchwegs positiv besetzt ist hingegen Holz. Es besticht durch Eigenschaften wie heimisch, biologisch, recyclebar und nachhaltig. Ein zusätzlicher Vorteil liegt in der Tatsache, dass Holzbauteile sehr leicht vorgefertigt werden können, was beim Bauen Zeit und Geld spart. Doch auch Holz hat um seinen guten Ruf zu kämpfen, denn mittlerweile kursiert die Meinung, Holzbauteile hätten eine kurze Lebensdauer. Das stimmt nicht. Eine naturbelassene Holzverkleidung hält bei sorgfältiger Planung an die 100 Jahre.

Glas wiederum ermöglicht offene, lichtdurchflutete Räume. Seine technischen Eigenschaften wurden in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Hochwertiges Glas ist sogar imstande, die Sonne zu reflektieren. Vorbei sind also die Zeiten der Gleichung "Glashaus ist gleich Schwitzkasten".

Die Qual der Wahl. Welches Material soll es also werden? Die Antwort lautet: Den einzig wahren Baustoff gibt es nicht. Jede Bauaufgabe stellt unterschiedliche Anforderungen und verlangt entsprechende Überlegungen. Bei der Auswahl der Baustoffe werden einerseits die persönlichen Vorlieben eine Rolle spielen, doch solte man auch die Umgebung des Bauwerkes nicht außer Acht verlieren. Dort vorhandene Gesteine und Hölzer können kreative Anreize bieten. Der Standort wird - ganz gleich, ob alpin, flach oder städtisch - jedes Mal aufs Neue entscheidend sein. Wer die Eigenheiten einer Region sorgsam studiert, wird die richtigen Hinweise für die passenden Baustoffe nicht übersehen können. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7./8.10.2006)