Wir haben die STANDARD-Publikumsjury für die Viennale '06 und zukünftigen derStandard.at-Viennale-Blogger gebeten, sich kurz vorzustellen:

Maria Poell (27), Wien:




"fremd- & selbstbeschreibung: ... assistentin einer experimentalfilmregisseurin ... philosophiestudentin ... unermüdliche freude und lust an filmerfahrung(en), am entdecken von neuem und unbekanntem ... musikrhizom ... wildfang fahrrad herzklopfen fragezeichen unterwegs ..."





Petra Popovic, Romanistin (31), Wien:


"Ich stamme aus Kroatien
Festivalorganisatorin beim Österreichischen Filmservice + zuständig für internationalen Verleih jeglicher Informationsfilme und Corporate Videos. Außerdem angepeiltes Doktoratstudium über Fellini am Inst. für Theater- und Filmwissenschaften, Amateurtheater-Schauspielerin, Hobbyfotografin, Kurzfilmtreatments Autorin.
Warum Publikumsjury: aus Filminteresse"




Christoph Schwarz, Medienarbeiter (25), Wien:

"Ich sitze auf einem dunkelbraunen Sessel und Francesco macht Fotos, viele, digital kosten die ja nichts mehr. Lehn’ dich an die Wand, genau so!

Wenn das vorbei ist, denke ich mir, werde ich mich aufs Rennrad schmeissen (55 Euro auf ebay, hoffentlich wurde es über Nacht nicht am Praterstern gestohlen, bei dem Gesindel dort!) und ins Büro fahren, das eigentlich ein Tonstudio ist und Incentive Videos für Banken und Telekommunikationsfirmen schneiden. Vorübergehend.

Was heißt eigentlich Incentive, fragt der Georg. Ich sage, das ist ein Anreiz für die eigenen Angestellten, so eine Belohnung. Die fahren auf eine Konferenz und können 2 Wochen später ihren Familien auf DVD zeigen, wie sie sich im Volksgarten dezent betrunken und mit den mitternachtseinlagenden Sambatänzerinnen eine Polonaise getanzt haben. Später rechecke ich aber nochmal auf Wikipedia, wie Incentive wirklich definiert wird.

Schau normal in die Kamera, denk' ich mir, seriös, grins' nicht so deppert. Soll ich mich für die Standard ViENNALE Publikumsjury bewerben? Praktisch wärs schon, ich geh’ ja sowieso locker in 10 Filme. Meine Oma sagt: Du warst so gut in der Schule, und jetzt hast du so ein blödes Thema! Gelernt hab’ ich eigentlich Visuelle Mediengestaltung, diesen Sommer abgeschlossen, aber aus versicherungstechischen Gründen darf ich jetzt noch ein Semester weiter studieren und sollte 2 Scheine machen. Entweder Harun Farocki geblockt auf der Bildenden oder Osteuropäische Geschichte oder Soziologie oder irgendetwas, was im Lebenslauf gut ausschaut, zB (ich gehe kurz auf das kommentierte Vorlesungsverzeichnis der Uni Wien) Astronomie."

Kathrin Stumreich, Modedesignerin und Physiotherapeutin (30), Tirol

Studium in Antwerpen, Wien und Innsbruck

"Als Tirolerin hat man Ausdauer für mindestens 5 Filme pro Tag, als Modedesignerin inspiriert Film ungemein, und für eine Frau, die sich mit Körperarbeit beschäftigt ist Tarzan kein schlechter Anblick", was also hätte ich sonst machen sollen, wenn nicht für die Publikumsjury bewerben?

Blut geleckt habe ich definitiv an der V´04, als ich im Filmquiz die Akkreditierung gewann; die Frische, die mich danach noch wochenlang begleitete, blieb mir in Erinnerung. Ebenso wie die Erkenntnis, daß ich diesmal während der V viel mehr essen muß, als vor zwei Jahren, denn Filme ansehen kostet einiges an Kalorien.

Aber vielleicht ist es wichtiger zu sagen, was die Viennale für mich bedeutet: ich kann von einem sehr belebten, feinfühligen, kreativen wie kritischen Geist berichten. Ich liebe dieses Nahekommen an GESCHEHEN auf unserer Welt oder in anderen Räumen; spielerisch, und vor allem dokumentarisch scheint es, daß Wachsamkeit initiiert wird , die nicht nur der einzelne Beobachter erfährt, sondern auch von uns Zuschauern nach außen getragen wird. Ohne es zu beabsichtigen, ich spreche wohl schon wieder von Nahrung... In diesem Sinne bin ich dankbar dabei zu sein, freue mich auf die filmreichen Tage und die verantwortungsvolle Aufgabe als Mitglied der Jury."

Julia Wibmer (30), Übersetzerin, Wien:

"Ich habe die ersten 13 Jahre meines Lebens ohne Fernseher verbracht. Heute habe ich einen Beruf, bei dem ich das nachholen kann und während der Arbeitszeit Filme ansehen muss: Ich mache Untertitel für Hörgeschädigte fürs Fernsehen und nebenbei auch Kino-Untertitel und Übersetzungen. Ich beschäftige mich also intensiv mit Schnitten, mit Rhythmen, mit der Sprechgeschwindigkeit, mit Kompromissen. Manchmal fällt es mir im Kino schwer, mich auf das Filmgeschehen einzulassen, ohne ständig die zwei Textzeilen am unteren Bildrand zu analysieren. Das ist aber eher bei schlechten Untertiteln und faden Filmen der Fall. Bei der Viennale wird mir das wohl nicht passieren.

Bevor ich Publikumsjury-Mitglied wurde, war ich Musterschülerin in Lienz, Steineausgräberin in der Römerstadt Aguntum, Austauschstudentin in Granada, Deutschlehrerin in New Orleans, Sauerkraut-von-den-Wänden-Putzerin in einem Ritterkeller, lost in translation beim Übersetzungsdienst der EU-Kommission, gern im Kino und vieles mehr.

In meinem Leben nach der Viennale 06 möchte ich noch Straßenmusik machen, nach Südamerika reisen, in Pjöngjang Deutsch unterrichten, oft ins Kino gehen und vieles mehr.

Ich habe mich gerade dieses Jahr für die Publikumsjury beworben, weil ich zurzeit nicht allzu große Sprünge machen kann. Ich wurde erst vor kurzem an der Wirbelsäule operiert. Was gibt es also im Moment Schöneres für mich, als in einen weichen Kinosessel zu sinken und ein paar gemütliche, schmerzfreie Stunden in anderen Welten zu verbringen?"

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