Ihr Vater Friedrich, vor 1945 als Chemiker in kriegsdienlicher Forschung tätig und deshalb vor antisemitischer Verfolgung einigermaßen geschützt, erkrankt in den frühen 50er-Jahren psychisch. 1964 nimmt Elfriede Jelinek das Studium der Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Wien auf. Nach einigen Semestern muss sie dieses wegen einer "zu kritischen psychischen Verfassung" abbrechen. Ihr erster Gedichtband "Lisas Schatten" erscheint 1967. Das Jahr 1968 verbringt sie in absoluter Isolation in ihrem Elternhaus und verfasst weitere Gedichte. Im folgenden Jahr stirbt ihr Vater in einer psychiatrischen Klinik.
In den Jahren nach 1969 engagiert sich Elfriede Jelinek in der StudentInnenbewegung und in den Literaturdiskussionen um die Zeitschrift "manuskripte". 1971 Orgelabschlussprüfung am Wiener Konservatorium mit "sehr gutem Erfolg". Erste Hörspiele folgen. "wenn die sonne sinkt ist für manche schon büroschluß", wurde 1974 von der Zeitung "Die Presse" zum erfolgreichsten Hörspiel des Jahres erklärt. 1972 Aufenthalt in Berlin, 1973 Aufenthalt in Rom. Verfassung von Hörspielen.
Seit 1974 ist Elfriede Jelinek mit Gottfried Hüngsberg verheiratet, der in den 60er-Jahren dem Kreis um Rainer Werner Faßbinder angehört. 1974 Eintritt in die Kommunistische Partei Österreichs, aus der sie 1991 gemeinsam mit den beiden Parteivorsitzenden Susanne Sohn und Walter Silbermayer wieder austritt.
Werke über Werke
Sowohl ihr Romandebüt "wir sind Lockvögel, baby" (1970) als auch die Romane "Die Ausgesperrten" (1980) und "Die Klavierspielerin" (1983) begeisterten die KritikerInnen, stießen jedoch in gleichem Maße auf heftigen Widerstand. In ihrer literarischen Arbeit übt Jelinek immer wieder scharfe Kritik an der Männer- und Klassengesellschaft und setzt sich kritisch mit den Themen Sexualität, Gewalt und Macht auseinander. Aufsehen, Neugier und Widerspruch erregte besonders der Roman "Lust" (1989). Als ihr "opus magnum" bezeichnet sie selbst "Die Kinder der Toten" (1995). Im Jahr 2000 erschien "Gier", ein vieldeutiger Kriminalroman aus der österreichischen Provinz.
"Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte oder Stützen der Gesellschaft" war 1979 das erste Theaterstück Elfriede Jelineks. Es folgten "Clara S." (1982), "Burgtheater" (1985), "Krankheit oder Moderne Frauen" (1987) und "Wolken. Heim" (1988), eine Montage aus Texten von Hölderlin, Kleist, Fichte, Hegel, Heidegger und Auszügen aus Briefen der RAF-Häftlinge. Um Fremdenfeindlichkeit, Heimat und Intoleranz gegenüber anderen ging es auch in ihrem szenischen Essay "Totenauberg" (1992), der ebenso wie "Raststätte oder Sie machen's alle" (1994), "Stecken, Stab und Stangl" (1996) und "Ein Sportstück" (1998) am Burgtheater uraufgeführt wurde.
Jenseits klassischer Dramaturgie
Zunehmend wurde Elfriede Jelinek mit ihrer Verweigerung von klassischer Dramaturgie und der Entwicklung von monologartigen Textflächen zur Herausforderung der Theater, die RegisseurInnen - im angenehmen Bewusstsein, von Jelinek dafür freie Hand zu bekommen - auch mit immer größerer Begeisterung annahmen. Ihre Robert-Walser-Hommage "er nicht als er" wurde 1998 bei den Salzburger Festspielen zu einem Erfolg bei Kritik und Publikum. Der Haider-Monolog "Ein Lebewohl" kam im Jahr 2000 am Berliner Ensemble heraus.
2003 brachten am Akademietheater Nicolas Stemann "Das Werk", am Burgtheater Christoph Schlingensief "Bambiland" zur Uraufführung. Es folgten "Prinzessinnendramen" (die auch als mehrteilige Reihe "Der Tod und das Mädchen" firmierten) mit Frauenschicksalen zwischen Schneewittchen, Dornröschen, Jackie Onassis und Ingeborg Bachmann. Im März 2005 inszenierte Stemann im Akademietheater die Uraufführung von "Babel", nach "Bambiland" die zweite Auseinandersetzung Jelineks mit dem Irak-Krieg und seiner medialen Vermittlung und Verwertung als Bad in Blut und Bildern. Kurz zuvor hatte Falk Richter "Ernst ist das Leben", Jelineks Fassung von Oscar Wildes "Bunbury", uraufgeführt.
Es geht um weibliche Macht