Peter Unterpertinger, Austrian Energy Agency: "Ohne mehr Energieeffizienz wird es nicht gehen."

Foto: STANDARD/Spoila
Standard: Österreich gibt sich immer als Vorreiter bei Umwelttechnologien. In jüngster Zeit mehren sich aber die Stimmen, die bezweifeln, dass die Ziele eingehalten werden können, was den Anteil erneuerbarer Energien betrifft. Wie das?

Unterpertinger: Wenn wir die Zuwächse beim Bruttoinlandsverbrauch nicht in den Griff bekommen, werden wir tatsächlich Probleme bekommen, den Anteil der erneuerbaren Energieträger signifikant zu erhöhen. Die Nachfrage nach Erneuerbaren steigt für sich gesehen jedenfalls an, die diesbezüglichen Maßnahmen greifen also.

Standard: Was muss gemacht werden?

Unterpertinger: Wir müssen in allen Verbrauchssegmenten die Energieeffizienz steigern, bei Gebäuden, in der Industriebereich und beim Verkehr.

Standard: Also geht es nicht ohne Energiesparen?

Unterpertinger: Nein, wobei man sich das jetzt nicht so vorstellen muss, dass man sich dickere Pullover überzieht oder die Heizung zurückdreht. Das bringt sicher auch was, aber der Konsument soll nicht unbedingt auf seinen Komfort verzichten müssen. Moderne Energieeffizienz ist eine komplexere Sache. Das beginnt damit, dass man mit Biomasse-Kraftwerken nicht nur einfach Strom oder Wärme erzeugt, sondern beides. Das ist sehr effizient. Großes Potenzial gibt es bei konventionellen Kraftwerken, indem man den Wirkungsgrad erhöht. Neubau mit Niedrigenergiehaus-Standard oder die umfassende Sanierung und damit auch Modernisierung unseres Gebäudebestandes sind weitere Beispiele. Es gibt eine Fülle von Maßnahmen und -Technologien.

Standard: Wie sieht der ideale Mix bei den erneuerbaren Energien aus?

Unterpertinger: Der Schwerpunkt muss in Österreich bei einem Mix aus Wasserkraft, Biomasse und Biogas liegen. Man darf bei erneuerbaren Energien aber nicht vergessen, dass diese Ressourcen – obwohl regenerativ – nur begrenzt verfügbar sind. Da kommt es schnell zu einem Nutzungskonflikt, egal ob es sich um Wald oder Ackerflächen zum Anbau von Energiepflanzen handelt.

Standard: Also ist die Forderung, ganz auf Erneuerbare umzusteigen, illusorisch?

Unterpertinger: Kurz- bis mittelfristig sicher. Aber man kann anspruchsvolle Ziele erreichen. Nur kann man das nicht gesamtheitlich betrachten. Grob gesagt resultiert der Energieverbrauch zu jeweils einem Drittel aus Verkehr, Haushalt und Produktion. Für jedes Segment gibt es unterschiedliche Lösungsansätze. Beim Verkehr ist am meisten mit modernen Mobilitätskonzepten und entsprechender Raumplanung und Biotreibstoffen zu machen. Gleiches gilt für Sprit sparendes Fahren, am besten unterstützt durch Verbrauchsanzeigen im Kfz.

Standard: Das klingt ein bisschen viel nach Zukunftsmusik.

Unterpertinger: Natürlich bedarf es da noch viel Forschung und Entwicklung. Der Energiefonds über 500 Mio. Euro, den die ÖVP vorgeschlagen hat, wäre da genau richtig.

Standard: Dieser Fonds wurde sehr wahlkämpferisch vorgestellt. Man weiß etwa nichts über Finanzierungen.

Unterpertinger: Verbund, OMV und ÖIAG wurden hier genannt , man wird sehen, was davon in den Regierungsverhandlungen übrig bleibt.Aber die Idee ist jedenfalls gut.

ZUR PERSON: Der Tiroler Fritz Unterpertinger ist seit November 2001 Geschäftsführer der Energieagentur Austrian Energy Agency. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.10.2006)