Ein Literaturfestival im Norden des Waldviertels, zwei Stunden von der Hauptstadt entfernt, an zwei Wochentagen ausgerichtet - kann das gut gehen? Erstaunlicherweise ja. In Besucherzahlen gemessen, war die erste, von Rudolf Scholten und Robert Schindel ausgerichtete Literatur im Nebel ein schöner Erfolg. Nebel war draußen zwar keiner zu sehen, als Mittwochnachmittag in der Margithalle Heidenreichstein Salman Rushdie begrüßt wurde, dafür war das Haus voll.

Ein Weltstar der Literatur, der ob seiner politischen Verfolgung längst nicht nur Gewohnheitslesern von Belletristik ein Begriff ist, zieht eben Publikum an. Gleiches gilt für die heimische Kultur-, Medien- und Politprominenz, die in dem Rushdie gewidmeten Programm aus Lesungen, Vorträgen und Diskussionen stark vertreten war.

Es begann mit einer etwas langatmigen Hommage von Festwochen-Schauspieldirektorin Marie Zimmermann an Rushdie (der sich von einer Dolmetscherin an seiner Seite alles übersetzen ließ), einer Lesung von Robert Menasse und Danielle Spera (!) aus den Satanischen Versen sowie einem Vortrag von Franz Vranitzky über politische Umbrüche zwar wie ein seltsam bunter Abend, gewann dann jedoch an Prägnanz.

Nach zweieinhalb Stunden kam erstmals der Autor selbst zu Wort. Zwar war er nicht wirklich willens, über sein Werk zu sprechen und verlegte sich mehr auf politische Beobachtungen. Andererseits ist das wohl das, was von einem Namen wie ihm erwartet wird. Und bei allem Ernst der verhandelten Themen war der Gefeierte, der Anfang der Neunzigerjahre einige Zeit bei Peter Turrini im Weinviertel verbrachte, bei seiner Rückkehr nach Niederösterreich einfach auch sehr guter Laune: "Es ist schön, in diesem großen Kulturzentrum zu sein."

Intensiv gestalteten sich schließlich späte Lesungen von Robert Schindel und Elisabeth Orth sowie Doron Rabinovici aus Mitternachtskindern, Rushdies zweitem und zentralem Roman.

Das Publikum im Saal war schon stark ausgedünnt, aber die Literatur tauchte, wenn nicht aus dem Nebel, dann doch aus der Dunkelheit und Kälte auf, die sich über das Waldviertel gelegt hatten.

Am Donnerstagabend fiel mit einer Lesung Salman Rushdies und Erika Pluhars der Vorhang der ersten Literatur im Nebel. Es soll aber weitergehen und Rushdie einen Nachfolger nominieren, der nächstes Jahr am selben Ort im Mittelpunkt stehen wird. Von Kalibern wie Orhan Pamuk oder Philip Roth wird bereits gemunkelt. Ja, warum eigentlich nicht? (Sebastian Fasthuber / DER STANDARD, Printausgabe, 20.10.2006)