Darmstadt - Gut zwei Wochen nach seinem Tod ist der Lyriker Oskar Pastior am Samstag posthum mit dem Georg-Büchner-Preis geehrt worden. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verlieh die mit 40.000 Euro dotierte renommierteste deutsche Literaturauszeichnung zum Abschluss ihrer Herbsttagung in Darmstadt. Die Akademie würdigte den rumäniendeutschen Schriftsteller als "methodischen Magier der Sprache". Er habe ein Werk "von größter Radikalität, Innovationskraft und Formenvielfalt" geschaffen. Pastior war am 4. Oktober im Alter von 78 Jahren in Frankfurt gestorben.

Zauberkreis

In seiner Eröffnungsrede zur Preisverleihung bezeichnete der Präsident der Akademie, Klaus Reichert, Pastior als wunderbaren Vorleser: "Oskar Pastior las seine vielsprachigen Gedichte mit dieser Stimme, die einen poetischen Raum aufbaute, der die Hörer wie in einen Zauberkreis bannte."

Die von Pastior vor seinem Tod geschriebene Dankesrede für die Büchner-Preis-Verleihung verlas sein Verleger beim Carl Hanser Verlag, Michael Krüger. Darin erinnerte der Lyriker in seiner ihm eigenen Sprache an seine Zeit im sowjetischen Arbeitslager, an das Kriegsende und an die Zeit im sozialistischen Budapest. Auch der Sprache und dem Schreiben widmete er sich: "Wir schreiben Schritte, die wir eh schon lesen können, Leseschritte, weil wir Lesepausen hören, die wir eh schon mit den Beinen schreiben."

"Sinnlichkeit der Wortkörper"

Die frühere Kulturstaatsministerin Christina Weiss beschrieb Pastiors Stil in ihrer Laudatio als "Jonglieren mit Klängen und Lettern": "Es geht nicht um Verstehen, es geht um das Staunen über die Sinnlichkeit der Wortkörper", sagte sie.

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ehrt mit dem Georg-Büchner-Preis jährlich deutschsprachige Schriftsteller und Dichter, die "an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben".

Zwei weitere Auszeichnungen

Neben dem Büchner-Preis verlieh die Akademie am Samstag zwei weitere mit jeweils 12.500 Euro dotierte Auszeichnungen. Den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa erhielt Johannes Fried, Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Frankfurt, weil seine "eindringlichen Untersuchungen über die Unzuverlässigkeit des Gedächtnisses ... unsere Vorstellungen vom Mittelalter grundlegend verändert haben", wie es im Urkundentext hieß.

Der Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay ging an Eduard Beaucamp, den langjährigen Kunstkritiker der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", als "einem der überragenden Kritiker und Kunstschriftsteller seiner Generation". (APA/dpa)