Wien - Untermalt von Schreiduellen und verbalen Untergriffen hat sich am Mittwoch FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache vom Wiener Gemeinderat in Richtung Nationalrat verabschiedet. Mit seinem letztem Antrag, die Verbrechen an Armeniern in der Türkei als Völkermord zu verurteilen, blieb er mit seiner Fraktion allein. SPÖ, ÖVP und Grüne warfen ihm vor, lediglich antitürkische Ressentiments schüren zu wollen.

"Wir wollen keine Lösung wie in Frankreich, aber wir wollen, dass anerkannt wird, dass es zu diesem Völkerverbrechen, zu diesem Massenmord gekommen ist", so Strache. Auf Empörung bei den anderen Fraktionen stieß seine Kritik an der Rückreihung seines Antrags. Den Klubobleuten sei das Volkstheater offensichtlich wichtiger gewesen, als eine Debatte um 1,5 Millionen armenischer Opfer, meinte Strache.

"Ihnen sind diese Morde wurscht. Ihnen geht es um politisches Kleingeld", replizierte ÖVP-Klubchef Matthias Tschirf. Der Antrag der ÖVP zur "Achtung und Anerkennung von ethnischen Minderheiten als elementare Grundlage einer europäischen Menschenrechtspolitik" wurde vom Gemeinderat einstimmig angenommen.

Spott der Gegner

Straches Gegner spotteten darüber, dass ganze Absätze des FP-Antrags anscheinend aus der offenen Internet-Enzyklopädie "Wikipedia" kopiert waren. SPÖ und Grüne warfen der FPÖ aber auch einen unsauberen Umgang mit der Vergangenheit und dem Nationalsozialismus vor. "Sie sollten mit Massenmorden im vorigen Jahrhundert sehr sehr ruhig sein", meinte etwa Ernst Woller von der SPÖ. Er warf Strache "Ausländerhass" vor und begrüßte dessen Abgang: "Das wird für die politische Hygiene dieses Hauses gut sein, und darüber bin ich glücklich."

Ähnlich die aus Griechenland stammende Klubchefin der Grünen, Maria Vassilakou, nachdem Strache ihr vorgeworfen hatte, türkischen Nationalisten Recht zu geben. "Ich brauche mir von einer Fraktion, die Apologeten des Holocaust und Gaskammer-Leugner auf öffentliche Mandate gehievt hat, meine eigene Geschichte und die meiner Familie nicht erklären lassen", so Vassilakou. Tschirf sprang ihr bei und attestierte Strache im Umgang mit der geschichtlichen Tragik des 20. Jahrhunderts und Vassilakous Familiengeschichte "Brutalität und Dummheit".

Unfreundliches kam auch vom ÖVP-Abgeordneten Franz Ferdinand Wolf. "Die Sprechpuppe von Stadler und Mölzer regt sich da auf", meinte er. Für den FPÖ-Antrag sei "schäbig" das einzig passende Wort. Und, so Wolf zu Straches Zwischenrufen: "Sie sind nicht intelligent genug, um mir das Wort im Mund umzudrehen."

Strache gab sich über die Zurückweisung empört: "Da wird mir schlecht bei diesen perfiden Wortmeldungen, die da gefallen sind." Der Antrag werde mit fadenscheinigen und scheinheiligen Argumenten abgelehnt. Im Umgang mit dem Nationalsozialismus hat sich die FPÖ aus Straches Sicht nichts vorzuwerfen: "Wir haben einen unglaublichen Massenmord, die Tötung in Gaskammern erlebt. Wir haben uns immer dazu bekannt." (APA)