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"Werden Sie Ihre Brille los!", das bekommt der ambitionierte Jungpolizist mit College-Abschluss, Ed Exley (Guy Pearce), mehr als einmal gesagt. Er will ins Morddezernat und er will schnell ganz nach oben. Dafür ist er auch bereit, korrupte Kollegen zu verpfeifen und sich unbeliebt zu machen. Er will es in seinem Job mal mit Aufrichtigkeit versuchen, mit Gerechtigkeit, mit der Jagd nach den Bösen. Darüber können seine Kollegen nur müde schmunzeln. Wer sind überhaupt die Bösen? Wer ist der Feind? Und wer ist in Wahrheit der Freund?

L.A. Confidential erzählt die Geschichte von drei völlig unterschiedlichen Cops. Bud (Russell Crowe)verliert beim Anblick misshandelter Frauen jegliche Kontrolle über sich und als erfahrener Zuschauer spürt man, dass da irgendwo die 'backstory-wound' lauert, jene schlimme Erfahrung aus der Vergangenheit, gerne mal aus der Kindheit, die einer Figur im Hier und Jetzt Tiefe und Zerrissenheit verleiht. Bud wird sein Trauma der majestätischen Kim Basinger offenbaren, die auf wundervoll sensible und erwachsene Weise die Edelprostituierte Lynn spielt und zurecht für ihre Darstellung den Oscar erhielt. Bud ist ein Schlägertyp. Der Dritte im Bunde ist der smarte Jack, der sich gerne im Rampenlicht des Showbiz sonnt und sich ein paar Dollar extra verdient, indem er mit einem schmierigen Klatschreporter zusammenarbeitet. Russell Crowe und Kevin Spacey bei der Arbeit zuzuschauen ist eine wahre Freude. Die beiden sind von einer solch lässigen Coolness, dass man ihnen fasziniert durch die komplexe und komplizierte Geschichte folgt.

Das Großartige an L.A. Confidential ist die stimmige Mischung aus Spannung, Humor und hintersinniger Gesellschaftskritik. Gut und Böse lassen sich nicht klar trennen, Gerechtigkeit kann es in unserer Welt nicht geben. Im Grunde ist es egal, aus welcher Motivation heraus die drei Männer irgendwann einmal Cops geworden sind, am Ende wird ihnen deutlich werden, dass sie alle bereit sind, für ihre Sache zu töten, zu betrügen, zu lügen. Das ist vielleicht der Grund warum L.A. Confidential schon zum Klassiker ernannt wurde: er schafft mühelos die Brücke zwischen Unterhaltung und Anspruch, zwischen Kunst und Kommerz, und beweist, dass Action intelligent sein kann, dass eine Story vielschichtige, erwachsene Charaktere verträgt, ja sogar braucht. (Caroline Link / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.10.2006)