"Eigentlich

könntest ihr gleich die Kündigung reinbringen", sagte die Madame im Fonds. Ich hatte mich als Chauffeur adjustiert und wartete auf weitere Anweisungen.

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Und das kam so:

DER STANDARD hatte dankenswerterweise ein nobles Gefährt zur Verfügung, und da die Kollegen ungezogene Rüpel sind, sollte ich ihn ausführen. Einen Maserati Quattroporte. Was für ein herrlicher Name! Das geht wirklich nur bei Maserati.

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Dort übrigens schon

seit 1963. Nur ein wirklich sportlicher Fahrzeughersteller kann es sich leisten, ein Modell schlicht Quattroporte zu nennen. Weil Maserati an sich schon alles aussagt. Und weil es für einen Hersteller rasanter Coupés, Sportwagen oder Rennwagen eben wirklich ungewöhnlich ist, einen Viertürer, also eine Limousine auf den Markt zu bringen. Stellen Sie sich vor: VW Viertüren. Geht nicht.

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Ehe ich abschweife:

Ich saß also in einem Maserati, und weil es eben ein Quattroporte war, überlegte ich, wem ich eine Freude bereiten und ihn hinten zusteigen lassen könnte. Ich war rasch bei der Madame, die mit ihrer Kündigung spielte.

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Sie arbeitet

in einem noblen Geschäft in einem noblen Bezirk. Auch wenn sie selbst zwar gut erzogen, aber nicht unbedingt das ist, was man unter nobel verstehen würde. Sie möge mir verzeihen. Aber nobel ist ein Geisteszustand, den man nicht unbedingt anstreben muss.

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Ich stand also

vor dem noblen Geschäft - und zwar direkt genau davor - und wartete, bis der Dienst der Madame vorbei sein würde. Als sie das Geschäft verließ, sprang ich eilfertig aus dem Wagen, umrundete diesen, riss mir die Kappe vom Kopf, küsste die Hände, nahm ihr den Mantel ab und hielt ihr die Tür auf. Die hintere.

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Just in diesem Moment

trat auch die Chefin vor das Geschäft. Deren Augen weiteten sich, und die Kinnlade klappte hinunter. Sie war von dem tiefen Zweigelt-Rot des Wagens, in dem ihre Angestellte gerade verschwand, geblendet.

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Ich legte

alle Herablassung, die der Chauffeur einer Herrschaft der schmuddeligen Küchenmagd entgegenzubringen imstande ist, in meinen Augenwinkel und nickte ihr aus diesem heraus nachlässig zu, während ich darauf achtete, den Rockzipfel der Entschwundenen nicht in der Türe einzuzwicken.

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Dann setzte ich

die Kappe wieder auf, umschritt den Wagen, setzte mich ans Steuer und ließ die acht Zylinder an. Es blubberte und fauchte ein wenig, der Wagen erzitterte, und wir nahmen die unregelmäßigen Vibrationen, die uns der Motor sandte, wohlig durch das hellbeige Leder auf.

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Nachdem

der erste Schauer verflogen war, sagte sie: "Eigentlich könntest ihr gleich die Kündigung reinbringen."

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"Gerne",

erwiderte ich hilfsbereit, wandte aber ein, dass der Wagen ihr nicht gehöre, nicht einmal mir, und dass wir beide nicht den finanziellen Background haben, einen Maserati Quattroporte unser Eigen nennen zu können. Darum arbeitet sie eben in diesem Geschäft und ich bei der Zeitung. Für den Quattroporte stehen 122.000 Euro in der Liste.

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Mit einem Blick

auf die herrliche ovale Maserati-Uhr im Edelholz des Armaturenbretts schoben wir die düsteren Gedanken hinweg, und ich fragte: "Wohin darf es gehen?" "Ich glaube, mir ist heute nach Burgenland", erwiderte Madame. "Blaue Gans oder Gasthaus zur Dankbarkeit?", warf ich als Anregung ein. Madame: "Heute wollen wir dankbar sein."

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Wir rauschten

die Autobahn Richtung Podersdorf dem Neusiedler See entgegen, und obwohl jede Menge Verkehr war, war die Spur vor dem Maserati immer frei, sie wurde freiwillig geräumt. Während wir von Paolo Nutini und 4,2 Liter Hubraum umspielt wurden, zermarterte ich mir das Gehirn, ob wir nun in einem Sportwagen oder in einer Limousine säßen.

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400 PS

lassen auf Ersteres schließen, auch die eher straffe Auslegung des Fahrwerks. Mit dem Maserati kann man wirklich ordentlich Dampf machen, vorausgesetzt, dass hinten keine Madame sitzt oder diese es wirklich eilig hat.

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Sonst aber

versinkt man im Komfort einer Limousine, hat nicht nur Platz, sondern Raum. Und die äußere Eleganz des Granturismo aus Modena ist sowieso unbestritten: Hier fährt der Conte. Sportlich, aber unglaublich entspannt.

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Ich gebe zu,

ich habe mich in den Gebrauchtwagen-Bestand vertieft: 105.000 Euro für einen 2004er mit 32.000 km war das günstigste Angebot. Madame muss warten. (Michael Völker, AUTOMOBIL, 3.11.2006)

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Maserati

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