Netzpolitik
Weltgrößtes Abhörsystem "Echelon" im Detail erklärt
Die USA dementieren weiterhin Wirtschaftsspionage
Das geheimnisumwitterte Abhörsystem "Echelon" beschäftigte am Mittwoch, das Europäische Parlament und einen Ausschuss des Deutschen Bundestages. Experten informieren die Parlamentarier über
den weltweiten Spionagering, in dem unter anderem die Geheimdienste
der USA und Englands mit riesigem technischen Aufwand internationale
Telefongespräche und Handy-Telefonate belauschen sowie E-Mails und
Faxe kontrollieren.
Auf großen Druck des Europäischen Parlaments hatten Vertreter der EU-Kommission und der Ratspräsidentschaft Ende März erstmals die
Existenz des weltumspannenden Spionagesystems bestätigt. Dabei hat sich der Verdacht erhärtet, dass durch "Echelon" auch
wirtschaftlich relevante Daten in Europa abgehört und zu Gunsten von US-Unternehmen eingesetzt wurden. Dadurch dürfte der
europäischen Wirtschaft erheblicher Schaden zugefügt worden sein.
Nachteilig
Dem amerikanischen Geheimdienst NSA (National Security Agency) wird etwa vorgeworfen, mit diesem Spionagesystem auch den
Geschäftsverkehr europäischer Unternehmen abgehört zu haben. Die französische Justiz lässt derzeit prüfen, ob das amerikanische
Abhörsystem illegal zum Nachteil französischer Firmen eingesetzt wurde. So soll unter anderem durch "Echelon"ein Geschäft des
europäischen Airbus-Unternehmens 1994 mit Saudiarabien zugunsten des US-amerikanischen Flugzeugherstellung Boeings verhindert
worden sein.
Was die Parlamentarier hinter verschlossenen Türen erfahren, macht
das Technologie-Portal ZDNet Deutschland der Öffentlichkeit zugänglich: Ein großer Report informiert über den globalen Lauschangriff und seine Auswirkungen auf die Industrie und die Privatsphäre der Bürger.
Wie die Überwachung funktioniert
Deutsche Geheimdienst- und Sicherheitsexperten wie Erich Schmidt-Eenboom
erklären in Interviews, wie die Überwachung funktioniert und wer sich
bedroht fühlen muss. Der führende "Echelon"-Kenner Duncan Campbell,
der auch dem Bundestags-Ausschuss berichtet, enthüllt die Entstehungsgeschichte von "Echelon" und beschreibt die Struktur des
riesigen Spionage-Netzwerks.
Der News Report zu "Echelon" ist eine internationale Koproduktion
der Nachrichtenressorts von ZDNet Deutschland, Frankreich,
Großbritannien und USA, in die Recherchen von Reportern aller
beteiligten Länder eingeflossen sind. Er ist über die Homepage
www.zdnet.de
oder direkt unter der Adresse
www.zdnet.de/news/echelon/
zu erreichen.
USA weisen Spionagevorwurf zurück
Die USA haben Vorwürfe zurückgewiesen, das US-Lauschsystem Echelon diene der Wirtschaftsspionage zu Gunsten amerikanischer Unternehmen. "Die Vorstellung, dass wir Informationen zur Unterstützung der amerikanischen Unternehmen
sammeln, ist ganz einfach falsch", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, am Mittwoch in Washington. Die französische Justiz hat inzwischen Agenten der Spionageabwehr auf das US-Lauschsystem angesetzt, das vom US-Geheimdienst National
Security Agency (NSA) genutzt wird.
Keine Wirtschaftsspionage in Europa?
Ein im Februar in Brüssel vorgelegter Expertenbericht geht davon aus, dass die von den USA und Großbritannien gemeinsam betriebenen
"Echelon"-Abhöranlagen Telefonate und Faxe in ganz Europa überwachen. Nach Überzeugung der Experten verbirgt sich dahinter ein klarer
Fall von Wirtschaftsspionage. "Ich frage mich, was sie genau untersuchen oder wie sie vorgehen wollen", sagte Boucher zur Entscheidung der
französischen Justiz. Wie er betonte, dürfen US-Geheimdienste Privatunternehmen keine Informationen liefern. Wirtschaftsspionage
entspreche weder der Politik noch den Gepflogenheiten amerikanischer Geheimdienste, sagte Boucher.
"P-415 Echelon" (deutsch: Staffel P-415) kann mit Hilfe von 120 Satelliten problemlos den weltweiten E-Mail-, Fax-, Telex- und Telefonverkehr anzapfen. Täglich können so bis zu zwei Milliarden Gespräche entschlüsselt werden. Das Europaparlament hatte am
Mittwoch die Einsetzung eines vorläufigen Ausschusses beschlossen, der Vorschläge für das weitere Vorgehen der Union in Sachen
"Echelon" erarbeiten soll. Die Einsetzung eines formellen Untersuchungsausschusses scheiterte vor allem am Widerstand der britischen Abgeordneten. (red/APA)