Lothar Lockl, der neue Bundesparteisekretär der Grünen.

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Mit dem neuen Posten wird der neuen Größe Rechnung getragen, heißt es: Schließlich haben die Grünen mittlerweile 21 Mandate und sind die drittgrößte Partei im Land.

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Wien - Normalerweise ist es bei den Grünen so, dass zuerst die Inhalte abgehandelt werden und dann die Personalia. Am Montag war es genau umgekehrt, und der Grund war das innerparteiliche Avancement des bisherigen Kommunikationschefs Lothar Lockl. Er wird, wie Parteichef Alexander Van der Bellen und Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny bekannt gaben, auf einen extra für ihn geschaffenen Job wechseln und erster "Bundesparteisekretär" in der Geschichte der Grünen.

Was genau Lockls neue Funktion umfasst, ist aber noch nicht ganz klar. Zunächst soll er sich um die "Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit" nach innen und außen kümmern sowie in die "interne Planung" eingreifen, meint Van der Bellen: "Wir haben ein zusätzliches Sprachrohr eingerichtet, um unsere Positionen in der medialen Öffentlichkeit noch besser rüberzubringen."

Das sei auch strukturell notwendig, denn schließlich seien die Grünen "in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gewachsen", hätten alle Landtage erobert und seien bei der letzten Nationalratswahl mit vier zusätzlichen Mandaten und dem dritten Platz "belohnt" worden.

Das und die Erlangung des 21. Mandats, das mehr Geld aus der Parteienförderung und mehr Platz für den Parlamentsklub bringt, erfordert nach Ansicht der Grünen auch eine umfassende Neuordnung ihrer Kommunikationsabteilung. Die wird nach Lockls Abgang aufgestockt. Wer ihm folgt, ist noch nicht ausgemacht. Seine Kollegin Andrea Danmayr ist es nicht: Sie steigt zu Jahresende aus und will ein Lokal in Wien eröffnen.

Bundesgeschäftsführerin Sburny ergänzte, die Grünen hätten im heurigen Wahlkampf bemerkt, dass sie bei Kommunikation und interner Organisation "an die Grenzen gekommen" seien. Sollte die große Koalition realisiert werden, sind die Grünen größte Oppositionspartei. Das und die Wahlkämpfe ab 2008 bedeuten, "dass noch einiges mehr auf uns zukommt".

Parteiintern hatten die Grünen in den letzten Wochen immer wieder Kritik geübt, dass der Kurs in Sachen Regierungsbildung nicht sehr stringent gewesen sei und, je nach Tagesverfassung, von der Forderung nach Neuwahlen bis zur Ablehnung von Mehr-Parteien-Koalitionen alle Positionen zumindest einmal abgesteckt habe. Das freilich war kein Thema bei Lockls Vorstellung.

Druck erhöhen

Der neue Generalsekretär freut sich zunächst, "in geänderter Position" im Team der Grünen weiterzuarbeiten: Sein Ziel sei es, den Zuspruch für seine Partei noch zu steigern: "Die Grünen haben Pepp und sind in den letzten Jahren für viele eine echte Alternative geworden, die bis dahin SPÖ oder ÖVP gewählt haben." Die Grünen haben nach Ansicht Lockls auch die wesentlichen Zukunftsthemen wie Umwelt, Bildung, Menschenrechte und Frauenpolitik besetzt. Es werde ihm darum gehen, die Aufmerksamkeit in diese Richtung zu erhöhen, "denn ohne öffentlichen Druck ändert sich gar nichts".

Als Sprungbrett für eine politische Laufbahn will Lockl die Position aber nicht verstehen und auch kein Mandat annehmen. Dass sein Vorgänger Stefan Schennach aus dieser Position in den Bundesrat gewechselt ist, habe keinerlei Vorbildwirkung.

Inhaltlich sehen die Grünen eher schwarz für die nächste Zukunft. Die Pläne der sich abzeichnenden Koalition von SPÖ und ÖVP bestünden im wesentlichen in unverbindlichen Überschriften, kritisierte Van der Bellen. Bedenklich scheine ihm die Vergesslichkeit der roten und schwarzen Akteure den eigenen Ankündigungen gegenüber:

So sei vom Klimaschutz keine Rede mehr, ganz zu schweigen von einer zukunftsweisenden Energiepolitik. Ankündigung wie "Reform von Staat und Verwaltung" oder "Stärkung von Wachstum, Innovation und Mittelstand" schienen ihm doch sehr locker "aus dem Handgelenk geschüttelt", meinte Van der Bellen: "Da muss man noch abwarten, ob bei den Verhandlungen tatsächlich etwas herauskommt."

Neue alte Bedingungen

Seltsam sei auch, so Van der Bellen, dass die Bedingungen, unter denen die ÖVP auf keinen Fall verhandeln wollte, plötzlich wieder unter anderem Titel aufgetaucht - und anscheinend anstandslos von der SPÖ akzeptiert worden seien. Man werde etwa sehen, ob sich hinter der "abgestimmte Vorgangsweise" der beiden Parteien nicht das zuvor wütend abgelehnte Sprechverbot mit Dritten verberge. Das seitens der SPÖ heftig kritisierte Gespräch zwischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und FP-Chef Heinz-Christian Strache wollte Van der Bellen nicht dramatisieren.

Auch er habe ein Gespräch mit Schüssel gehabt, daran sei nichts besonderes: "Es gibt immer wieder Vier-Augen-Gespräche. Klestil hat dazu eingeladen, Fischer lädt dazu ein, Gusenbauer, und auch ich." Und weil er sich bemühe, seinem "Ruf als diskreter Mensch" gerecht zu werden, habe er nicht vor, irgendetwas über die Unterredung mit Schüssel auszuplaudern. (Samo Kobenter/DER STANDARD, Printausgabe, 21.11.2006)