Wien - Selten war Karl Klein, Vorsitzender der Christgewerkschafter im ÖGB (FCG), in den vergangenen Monaten zufrieden. Das Bawag-Debakel, der Beinahe-Bankrott, zuletzt die Enthüllungen um die exorbitante Gage von Ex-ÖGB-Finanzchef Günter Weninger - das alles hat den schwarzen Gewerkschaftsboss nicht gerade fröhlich gestimmt.

Umso stärker der Kontrast, wenn Klein über die vergangenen Tage in der ÖGB-Reformklausur spricht: "Wir haben total tabulos diskutiert." Alle thematisch "heißen Eisen" habe man angefasst, freilich "unter dem Diktat der leeren Kassen". Überrascht habe ihn, dass manches, was zuvor nicht durchsetzbar schien, plötzlich die Zustimmung der Mehrheit gefunden habe.

"Gar nicht lange"

So sei "gar nicht lange" darüber diskutiert worden, dass die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) nun die de-facto-Teilrechtsfähigkeit erhält, und dass der FCG die Kontrolle über die ÖGB-Finanzen eingeräumt werde.

Das zumindest scheint Interpretationssache zu sein: "Wir haben nur beschlossen, dass künftig eine der Minderheitsfraktionen die Kontrolle bekommt, nicht explizit die FCG", korrigiert GPA-Chef Wolfgang Katzian.

Dieser ist mit seinem Vorschlag, die Einzelgewerkschaften abzuschaffen und nur mehr einen, zentralen, ÖGB zu bilden, vorerst abgeblitzt, sieht aber dennoch positiv in die Zukunft: "Wir haben Schritte in die richtige Richtung gemacht."

"Tabulos"

Wie die Debatte im Detail lief, wollten weder Katzian noch andere Spitzengewerkschafter sagen - das zum Thema "tabulos". Nur so viel drang aus der Klausur durch: Sie war geprägt von den Spannungen zwischen "Bewahrern" und "Reformern", am Ende siegte der Wunsch, auf den größten gemeinsamen Nenner zu kommen.

Vor allem Metaller, Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG) und GÖD sprachen sich gegen eine Schwächung der Einzelgewerkschaften aus, neben der GPA waren auch viele Länder-Chefs und jüngere Funktionäre dafür, die ÖGB-Zentrale zu stärken.

"Positiv überrascht"

"Ich war positiv überrascht", sagt ÖGB-Burgenland-Chefin Sylvia Gartner zum Standard. Sie sei dem Reformprozess skeptisch gegenüber gestanden, "weil die Beharrungskräfte doch sehr stark sind". In einem Punkt fühle sie sich nun beruhigt: "Die Länder-Büros werden nicht aus Geldmangel zugesperrt. Sie werden auf intelligente Weise umstrukturiert. Hoffentlich."

Gartner sagt, allen Gewerkschaftern müsse klar sein, "dass wir hier nur einen Zwischenschritt getan haben. Die Reform muss weitergehen". (Petra Stuiber, DER STANDARD, Printausgabe 25./26.11.2006)