Das Gesetz gegen "beharrliche Verfolgung", besser bekannt als "Stalking", ist seit nunmehr fünf Monaten in Kraft. Für den 24-Stunden- Frauennotruf der Stadt Wien ist dies ein Grund, Bilanz zu ziehen und im Rahmen dessen das zehnjährige Bestehen der Institution zu feiern.

Wie im Falle häuslicher Gewalt sind auch bei Stalking meist Frauen betroffen, resümiert Frauenstadträtin Sonja Wehsely (SP). Durch die medi-ale Berichterstattung falle es den Frauen nun auch leichter, ihre "Stalking-Betroffenheit zu benennen", sagte Barbara Michalek, Leiterin des Frauennotrufs. In vielen Fällen ergab sich der Tatbestand Stalking aber erst im Gespräch. So habe eine Frau erzählt, sie würde "mehrmals am Tag angerufen", sagte Michalek. Es stellte sich heraus, dass sie täglich 300 Anrufe bekam. Meistens ist es der Expartner, der mit ungewollten Geschenken, Briefen, Anrufen, SMS, Auflauern und Verfolgung das Opfer terrorisiert.

Jede siebente Anruferin, die sich 2006 an den Frauennotruf wandte, war Opfer von Stalking, 2003 war es noch jede zehnte. Im Vergleich zum Vorjahr gebe es mit 510 Erstberatungsgesprächen zur Stalking-Problematik eine Steigerung von 17 Prozent. Es sei offensichtlich gelungen, den Opfern bewusst zu machen, dass Stalking ein Gewaltakt und kein Kavaliersdelikt sei, freute sich Wehsely.

Österreichweit wurden seit Inkrafttreten des Gesetzes (§ 107a Strafgesetzbuch) am 1. Juli 2006 bereits 1007 Fälle von Stalking angezeigt, in Wien waren es mehr als 320. Bevor es das Gesetz gab, wandten sich zwar auch viele Frauen an die Polizei, diese durfte aber erst eingreifen, wenn dem Opfer Gewalt angetan wurde.

Einstweiliger Schutz

Das Gewaltschutzgesetz, das die sofortige Wegweisung und das Betretungsverbot des Täters durch die Polizei ermöglicht, gilt in Fällen häuslicher Gewalt nach wie vor. Das Dilemma beim Stalking, das sich eher als psychische Gewalt äußert, ist, dass die Polizei diesen akuten Schutz nicht bieten kann. Zwei Prozesse laufen hier parallel: Die Frau erstattet Anzeige und wartet auf das Ende des Prozesses, und sie beantragt bei Gericht eine einstweilige Verfügung. Das sei sehr kompliziert und die Hemmschwelle für Frauen, die in juristischen Dingen nicht bewandert sind, sei groß, kritisierte Wehsely. Das beweise auch die Zahl von 26 einstweiligen Verfügungen, die auf 320 Anzeigen in Wien kämen.

Der Täter kann nach dem neuen Gesetz mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden.

Der Frauennotruf bietet Frauen und Mädchen ab 14 Jahren bei sexueller, psychischer oder körperlicher Gewalt Soforthilfe, sei es telefonisch, in einem persönlichen Beratungsgespräch oder per Mail. 47.822 solcher Gespräche wurden in den zehn Jahren geführt, Juristinnen, Psychologinnen und Sozialarbeiterinnen begleiten die Hilfesuchenden auch ins Krankenhaus, zur Polizei oder vor Gericht, berichtet Michalek. (Marijana Miljkovic/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 28.11. 2006)