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Der Wiener Architekt Thomas Sturm mit seinem Computer-Arbeitstisch für die Raumstation ISS

Foto: APA/ JOACHIM SANTI

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Praktische Weltraum-Architektur

Foto: APA/ Thomas Sturm Arbeitstisch
Wien - Der Wiener Architekt Thomas Sturm hat einen Computer-Arbeitstisch entworfen und dessen Ausführung betreut, der demnächst im Space-Shuttle und der Internationalen Raumstation ISS eingesetzt werden soll. Im Auftrag der deutschen Raumfahrttechnik-Firma Kayser-Threde hat Sturm den klappbaren Tisch entwickelt, der bei zwei Versuchsserien zur Untersuchung der Feinmotorik und der Auge-Hand-Koordination von Astronauten eingesetzt wird. Bleibt es beim Start-Termin, fliegt der Tisch erstmals am 10. Dezember ins All, drei weitere Einsätze sollen 2007 folgen.

"Es ist heute noch äußerst selten der Fall, dass Designer oder Architekten zu solchen Aufgaben in der Raumfahrttechnik hinzugezogen werden", erklärte Sturm im Gespräch mit der APA. Noch herrsche der Expeditionscharakter vor, und die Ingenieure würden den Ton angeben. Den Auftrag erhielt er, nachdem er durch Zufall von dem Projekt gehört und dem deutschen Unternehmen einen Vorentwurf geschickt hatte. Sturm sieht sich selbst als Architekt, der aber gerne im Grenzbereich zu Micro-Architektur und Industrial Design arbeitet. So hat er etwa eine leicht klappbare Cocktail-Bar, die "Bewegbar" von Oliver Kaiser, entworfen.

Spannend an dem Projekt fand Sturm die Auseinandersetzung mit einer Vielzahl an Problemstellungen und Randbedingungen: Einerseits mussten die Anforderungen der Wissenschafter für zwei verschiedene Experimente berücksichtigt werden, andererseits das Regelwerk der bemannten Raumfahrt mit sehr speziellen Ansprüchen an Design, Material und Fertigungstechnologie.

Für die Experimente mit Laptop und Joystick sitzen die Astronauten, sie sind dabei um die Hüfte festgegurtet. Der Tisch wird - ähnlich einem Frühstückstisch für's Bett - über den Oberschenkeln der Testperson positioniert. Tisch und Laptop sind mit Klettsystemen fixiert. Damit man den Tisch an die verschiedenen Astronauten sowie an die unterschiedlichen Experimente anpassen kann, ist er mehrfach verstellbar. Die Verstellmechanismen müssen dabei einfach und schnell bedienbar sein, andererseits darf der Tisch nicht wackeln, um die Experimentdaten nicht zu verfälschen. Schließlich spielten noch Gewicht und Materialauswahl eine große Rolle. Sturm setzte einzeln CNC-gefräste Aluminiumteile ein, die Masse beträgt 2,9 Kilo.

Bei dem einen, von Ottmar Bock von der Deutschen Sportuniversität Köln entwickelten Experiment TRAC werden die Reaktionen der Astronauten in mehreren Testsitzungen vor, während und nach dem Raumflug getestet und damit Veränderungen der motorischen Fähigkeiten im Weltall untersucht. Das von Berry Fowler von der York University Toronto (Kanada) entwickelte PMDIS-Experiment soll u.a. untersuchen, ob die Schwerelosigkeit direkten Einfluss auf das zentrale Nervensystem hat und dadurch sensorische und motorische Fehlfunktionen verursacht.

Sturm hat fast ein Jahr ausschließlich an dem Tisch gearbeitet. "Das war schon ein sehr interessantes Thema", meinte er, auf Weltraum-Architektur will er sich deshalb aber nicht beschränken. (APA)