Ankara - Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat die EU und insbesondere die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei nicht zusätzlich zu erschweren. Es sei ein "schwerwiegender Fehler", der Türkei Hindernisse in den Weg zu legen und sie vom Verhandlungstisch fern zu halten, sagte Erdogan am Dienstag vor den Abgeordneten der moderat islamischen Regierungspartei AKP in Ankara. Merkel habe er in einem Telefongespräch am Dienstag daran erinnert, "welchen Schaden ein (einziger) falscher Schritt anrichten" könne. Merkel wirbt innerhalb der EU für eine Revisionsklausel, wonach die Staats- und Regierungschefs der EU nach 18 Monaten entscheiden sollen, ob die Verhandlungen mit Ankara wieder aufgenommen werden. Zuvor hatte sich die EU-Kommission für eine teilweise Aussetzung ausgesprochen, um den Druck auf Ankara wegen der verweigerten Öffnung türkischer Häfen für das EU-Mitglied Zypern zu erhöhen.

Das Telefonat Erdogans erfolgte kurz vor deutsch-französischen Gipfel-Beratungen über einen verstärkten Druck der EU auf die Türkei. Die türkische "Telefon-Diplomatie" werde weitergehen, kündigte der türkische Premier an. Die Türkei habe nichts zu verlieren, betonte der Ministerpräsident: "Wenn einer am Ende der Verlierer ist, dann ist das die EU."

"Globale Vision"

Laut Erdogan sind die EU und die Türkei gleichermaßen aufeinander angewiesen. Die EU dürfe ihre "globale Vision" nicht verlieren. Für das Scheitern einer Lösung des Zypern-problems sei allein die griechisch-zypriotische Seite verantwortlich. Er hoffe, sagte Erdogan, dass die EU, wenn sie beim Gipfeltreffen Mitte Dezember über den Fortgang der türkischen Beitrittsverhandlungen entscheide, keinen "historischen Fehler" begehe. Die EU will das Türkei-Thema aber bereits beim kommenden Außenmnisterrat abhandeln.

Die EU-Kommission schlägt vor, das türkische Nein zur Hafenöffnung für Schiffe aus dem EU-Staat Zypern mit der Sperrung von acht Verhandlungsbereichen bei den Beitrittsverhandlungen zu bestrafen. Merkel will zusätzlich eine "Revisionsklausel" einführen. Danach würde die Wiederaufnahme der türkischen Beitrittsverhandlungen in eineinhalb Jahren von einer neuen Entscheidung der dann 27 EU-Staaten abhängig gemacht. Die Türkei lehnt eine solche Klausel strikt ab. (APA/dpa/AFP)