Die IG Metall aus dem Nachbarbezirk Baden-Württemberg blieb mit sieben Prozent nur wenig darunter. Zum Vergleich: Vor einem Jahr hatte die Metallergewerkschaft fünf Prozent mehr verlangt und ein Plus von 3,4 Prozent heraushandeln können.
Aber auch andere Branchen rufen das Ende der Zurückhaltung aus. Hubertus Schmoldt, Vorsitzender der Industriegewerkschaften Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), will höhere Lohnsteigerungen durchsetzen als bei der letzten Tarifrunde: "Wenn man die konjunkturelle Situation damals und heute berücksichtigt, dann ist ganz klar, es muss mehr sein, als es war."
Angefeuert werden die Gewerkschafter nicht nur von ihren Mitgliedern, sondern auch von der Politik. SPD-Chef Kurt Beck und Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) verstehen angesichts von "nur" noch 3,9 Millionen Arbeitslosen und einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent das Begehr der Beschäftigten, auch Kanzlerin Angela Merkel sagt: "Wenn es Branchen gibt, die einen richtigen Boom erleben, es Betriebe gibt, die gesund und stark sind, dann muss man auch darüber nachdenken." CSU-Generalsekretär Markus Söder hingegen warnt: "Übertriebene Lohnforderungen nutzen der Wirtschaft nichts" – und spricht damit den Arbeitgebern aus der Seele, ausgenommen Martin Kannegieser. Der Gesamtmetall-Präsident hat schon signalisiert, Mitarbeiter "angemessen am Zuwachs und Erfolg" zu beteiligen.
Unterschiedlich wird das forsche Auftreten der Gewerkschaften von den Wirtschaftsweisen beurteilt. Während Bert Rürup, Chef des Sachverständigenrates, mahnt, den "beschäftigungsfreundlichen Verteilungsspielraum" nicht zu überziehen, meint sein Kollege Peter Bofinger, für einen selbsttragenden Aufschwung und mehr Konsum sei auch mehr Lohn nötig. (Birgit Baumann, Berlin, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.12.2006)