Wien - Die sechste Koalitionsverhandlungsrunde hat am Mittwoch keinen großen Wurf hervorgebracht. Ein von den Sozialpartnern vorgelegtes Papier mit Vorschlägen für Wachstum und Vollbeschäftigung wurde an die Untergruppen weitergeleitet. Einigung über die Inhalte des Konvoluts gab es keine, erklärte SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer nach der zweistündigen Sitzung. Laut ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer wurde vereinbar, dass ab jetzt alle Vorschläge von der Finanzgruppe auf ihre Umsetzbarkeit geprüft werden. Rote und Schwarze beklagten gleichzeitig, dass ihnen die Verhandlungen nicht schnell genug gehen.

"Sehr bemüht"

Die Sozialpartner hätten sich sehr bemüht, meinte Gusenbauer zu dem heute vorgelegten Papier, das hauptsächlich aus Überschriften besteht. Ursprünglich hatte es geheißen, dass das Ende Oktober präsentierte "Weißbuch" der Sozialpartner, in dem unter anderem eine höhere Vermögensbesteuerung sowie eine Erhöhung der Grundsteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer vorgeschlagen wird, als Grundlage der heutigen Runde dienen soll. Präsentiert wurde allerdings nur eine abgespeckte Version, in der etwa die heiklen Steuerfragen nicht behandelt werden.

Das Papier werde jetzt an die Untergruppen weitergeleitet, sagte Gusenbauer. Die Vorschläge seien eine Grundlage, über die Inhalte gebe es aber noch keine Einigung. Konsens herrsche aber über die angestrebte Vollbeschäftigung und dass künftig alle Jugendlichen einen Arbeitsplatz oder einen Ausbildungsplatz haben.

"Wichtige Dinge klargestellt"

Laut Molterer wurden heute "wichtige Dinge klargestellt" und zwar, dass es keine neuen Schulden geben soll und alle Vorschläge auf ihre Finanzierbarkeit geprüft werden. Daher werde ab jetzt die Finanzgruppe mit Christoph Matznetter für die SPÖ und Finanzminister Karl-Heinz Grasser für die ÖVP parallel arbeiten und alle Forderungen und Ideen auf ihre Machbarkeit prüfen.

Das Sammeln von "Wünsch-dir-was-Programmen" sei keine verantwortungsvolle Politik, so Molterer. Alle Maßnahmen müssten auch generationengerecht sein. In Sachen Mindestlohn habe es Einigkeit darüber gegeben, dass dies über Kollektivverträge gereglt werden soll und nicht durch Gesetze. Zu einem gesetzlichen Mindestlohn gebe es ein klares Nein.

Über Finanzierungsfragen wurde heute nicht gesprochen, wie beide Seiten bestätigten.

Es geht zu langsam

SPÖ und ÖVP haben sich nach der kurzen Verhandlungsrunde am Mittwoch gegenseitig vorgeworfen, die Gespräche zu verzögern. "Wenn es nach mir ginge, könnte wir auch schneller arbeiten", meinte SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer. Gleiches verlautete auch von der ÖVP: Die Volkspartei sage "Ja zur intensiven Arbeit" und "Nein zu Verzögerungen", so Klubobmann Wilhelm Molterer. Man habe sich heute den ganzen Tag Zeit genommen und hätte auch gerne länger verhandelt, leide habe aber Gusenbauer weg müssen, so Molterer. Der SPÖ-Chef reist zu den europäischen Sozialdemokraten nach Porto.

Auf die Frage, wieso er als Verhandlungsführer nicht mehr Termine ansetzt, sagte Gusenbauer, er könne verhandeln, wenn auch beim Gegenüber die Bereitschaft dazu da sei. Die Hoffnung, dass man bis Weihnachten fertig werde, lebe aber noch, so der SPÖ-Chef. Wenn man beim nächsten Mal alle vorgesehenen Themen abhandelt, hätte man schon mehr als die Hälfte erledigt. Nächste Woche stehen laut Gusenbauer und Molterer viele Themen am Programm, darunter die Staatsreform, Wirtschaftsstandort, Frauen, Jugend, Familien und Gesundheit.

Noch viele Fragen offen

Molterer meinte wiederum, die ÖVP würde jederzeit für Verhandlungen zur Verfügung stehen. Auf einen Termin für das Zustandekommen einer Koalition wollte er sich nicht festlegen. Das sei nicht absehebar, weil noch viele Fragen offen seien. Er hoffe jedenfalls, dass die aus seiner Sicht von der SPÖ verursachten Verzögerungen durch "Intensivität" kompensiert würden.

Für den steirischen ÖVP-Obmann Hermann Schützenhöfer steht es "überhaupt in den Sternen", ob eine Regierung zu Stande kommt. Aufs Tempo drücken möchte die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (S): "Es geht mir ehrlich gesagt zu langsam, denn ich hätte gerne eine Regierung bis Weihnachten."

Grundsätzlich bezeichneten die Teilnehmer die Stimmung als gut und sachlich. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (S) sprach sogar von einer "sehr guten Stimmung". Er habe kein "Wünsch-dir-was" gehört, sagte Gusenbauer auf die Aussagen von ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel angesprochen.

(APA)