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Friedbert Aspetsberger fragt, ob der von Mozart verwendete Begriff "geläufige Gurgel" etwas mit Pornografie (Stichwort "Deep Throat") zu tun hat.
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Die im amerikanischen Pornofilm "Deep Throat" ausgiebig dargestellte Sexualpraktik hat mit Mozarts "geläufiger Gurgel" lediglich gemein, dass hier wie dort die Kehle eine Hauptrolle spielt. Aber während im 1972 entstandenen Film von Gerard Damiano der Kehle ausschließlich eine pornografische Funktion zukommt, geht es bei Mozart - nahe liegenderweise - um den Gesang. Im konkreten Fall um die Arie der Constanze "Ach, ich liebte, war so glücklich" aus dem Singspiel Die Entführung aus dem Serail. Offenbar war Mozart mit der Darbietung seiner Sängerin Caterina Cavalieri nicht ganz zufrieden und schrieb in diesem Zusammenhang an seinen Vater, dass er diese Arie "ein wenig der geläufigen gurgel der Mad:selle Cavallieri aufgeopfert" habe. Caterina Cavalieri war übrigens die spätere Freundin Antonio Salieris, die beide von Mozart acht Wochen vor seinem Tod noch zu einer Aufführung der Zauberflöte begleitet wurden. Den Begriff "leiffige gurgel" verwendete Mozart bereits als 14-Jähriger, als er sich in Verona über die Unzulänglichkeiten des Sängers Giuseppe Afferi lustig machte. Afferi war in Verona in der Oper Il Ruggiero von Pietro Guglielmi aufgetreten, in der auch Brigida Anelli sang, über die Mozart in einem Mischmasch aus Italienisch und Deutsch an seine Schwester schrieb: "sie hat una schnoffelte voce, e canta sempre um ein vierteil zu tardi." Auch wenn sich Mozart über gewisse Unarten von Sängerinnen und Sängern häufig ärgerte, bemühte er sich stets, seinen Humor nicht zu verlieren. Als er z. B. während der Proben zur Uraufführung des Idomeneo feststellen musste, dass der Sänger der Titelpartie, Anton Raaff, so sehr "auf den Alten schlendrian versessen ist, das man blut dabey schwitzen möchte", resümierte er: "er liebt die geschnittenen Nudeln zu sehr." Damit wollte Mozart zum Ausdruck bringen, dass Raaff keine große Lust hatte, Neues auszuprobieren und lieber auf Altbewährtes setzte. Dazu gehörten "angebohrne grimaßen" ebenso wie die Weigerung, am Schluss einer Arie "vienmi à rinvigorir" zu singen, weil die darin vorkommenden fünf i für einen Tenoristen "unverdaulich" wären. (DER STANDARD, Printausgabe, 09./10.12.2006)