Dem touristisch geprägten Auge erscheint der thailändische Khon-Tanz geläufiger als der kambodschanische Apsara, der seine erste große Blüte ab dem 8. Jahrhundert nach Christus in Angkor erlebte. Doch der Khon ist nur ein Derivat des Apsara, der sich aus Volkstänzen zu einem hoch elitären Hof- und Tempeltanz entwickelte. Sein Vokabular besteht aus an die 3500 gestischen "Begriffen", die beinahe ausschließlich von Frauen getanzt werden.
Charakteristisch sind dabei hochelaborierte Arm- und Handgesten, geknickte Beinhaltungen und eine gemessen eingesetzte Mimik. Dynamische Elemente, weite Sprünge oder spektakuläre Hebungen wie das europäische Ballett kennt der Apsara nicht.
Dieser ist, ähnlich dem Ballett, ein geschlossenes formales Konzept, in dem sich mehrere Spielarten entwickelt haben - die bei Pamina Devi verwendete heißt "Robam Kbach Boraan". Doch die Geometrie des Apsara ist wesentlich strenger und verdichteter als die des um beinahe tausend Jahre jüngeren westlichen Spitzentanzes. Wie klug Sopiline Cheam Shapiro den pseudomythologischen Stoff in eine mythologische Apsara-Erzählung überträgt, ist das eigentliche Abenteuer dieses Stücks. Die Choreografin verschweißt ihre Tänzerinnen nicht in ein klassisches Stückrepertoire, sondern erprobt die Möglichkeiten des Robam Kbach Boraan auch in Stücken von hochaktuellem Inhalt - etwa in Seasons of Migration, einem Werk über das Auswandern, die Entfremdung und das Verfolgtwerden von einem Schatten des Zwangs und der Verlorenheit.