Und sie bewegen sich doch: SPÖ und ÖVP haben einen Zeitplan für die weiteren Koalitionsgespräche vereinbart und wollen nun die großen Brocken Arbeit und Verwaltungsreform angehen - und zwar ohne Nebengeräusche.

foto: standard/cremer
Wien – Dem Herrn Bundeskanzler hat es beim Herrn Bundespräsidenten geschmeckt. Das Essen sei gut gewesen, das Gespräch auch, sagte VP-Obmann Wolfgang Schüssel, nachdem er am Dienstag gemeinsam mit seinem Verhandlungspartner SP-Chef Alfred Gusenbauer einen zweistündigen Besuch bei Heinz Fischer in der Hofburg hinter sich gebracht hatte.

Serviert wurde Schüssels Lieblingsspeise: Grießnockerlsuppe, danach Tafelspitz mit Schnittlauch- und Krensauce, dazu Erdäpfelrösti.

Zeitplan

Inhaltlich kam bei dem Gespräch nicht sehr viel heraus: Man habe sich auf einen, so Gusenbauer, „engagierten Zeitplan“ geeinigt, der am Mittwoch im Lauf der großen Verhandlungsrunde präsentiert werden soll.

Details, etwa wie die Chancen auf eine baldige Regierungsbildung stehen, wollte Gusenbauer nicht verraten, um sich nicht dem Vorwurf des Vertrauensbruches auszusetzen. Aus der Wiener SPÖ hieß es jedoch, bis Mitte Jänner soll die Bildung einer großen Koalition abgeschlossen sein. Bei Bedarf werden auch weitere Verhandlungstermine eingeschoben. Abgesehen davon gab sich Schüssel wortkarg, Gusenbauer allgemein: „Die Menschen wollen wissen, wann sie mit einem Ergebnis bei den Koalitionsverhandlungen rechnen können, und wir sollten dieser Erwartungshaltung entsprechen.“

Bei der heutigen Verhandlungsrunde stehen die Themen Jugend, Frauen, Familie, Gesundheit, Wirtschaftsstandort, Äußere Sicherheit und Staats- und Verwaltungsreform auf dem Programm. Q_Flexibles Kindergeld Geeinigt haben sich SPÖ und ÖVP bereits auf eine Flexibilisierung des Kindergeldes, sagt SP-Verhandlerin Doris Bures. Müttern soll künftig unter anderem der Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert, Vätern verstärkte Anreize für die Karenz geboten werden. Dissens gibt es laut Bures nach wie vor bei den Kinderbetreuungseinrichtungen, welche die SPÖ kräftig ausbauen will. Die ÖVP fordert dagegen die steuerliche Absetzbarkeit der häuslichen Kinderbetreuung.

Wählen mit 16

Eine Einigung gab es am Dienstag auch zwischen Wiens SP-Bürgermeister Michael Häupl und Niederösterreichs VP-Landeshauptmann Erwin Pröll in Sachen Verwaltungsreform. Unter anderem schlagen sie der großen Verhandlungsrunde auf Ebene der Parteichefs die Einführung der Briefwahl vor oder Behördenkonzentrationen im Schul- und Sozialbereich. Jahrelang hat die SPÖ_die Briefwahl bekämpft. Im Gegenzug fordern die Sozialdemokraten die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Q_Länger Shoppen Verhandelt haben Häupl und Steiermarks Landeshauptmann Franz Voves am Dienstag auch mit VP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Finanzminister Karl-Heinz Grasser.

Die wichtigsten Punkte: Per Generalkollektivvertrag soll ein Mindestlohn von 1000 Euro für alle Branchen fixiert werden. Prinzipielle Einigkeit gibt es auch beim Thema Ladenöffnung. Es geht in die Richtung, dass mit Einbindung der Sozialpartner eine bundesweite einheitliche Regelung über den wöchentlichen Öffnungsrahmen von 72 Stunden angestrebt wird. Der Sonntag soll tabu bleiben. (von Michael Bachner und Samo Kobenter/DER STANDARD, Printausgabe, 13.12.2006)