Ein Working-Class-Hero von heute interpretiert John Lennon.

Foto: Candice Breitz/Bawag-Foundation
Wien - Candice Breitz porträtiert Popstars. Bisher entstanden: Legend (A Portrait of Bob Marley) , Queen (A Portrait of Madonna) , King (A Portrait of Michael Jackson) und zuletzt - und eben in der Bawag-Foundation installiert - Working Class Hero (A Portrait of John Lennon).

Da man über diese Popstars ohnehin schon alles weiß, lässt Candice Breitz auch weit gehend alles Wissenswerte weg. Übrig bleiben Texte und Melodien, interpretiert von Fans der härteren Sorte. Im Fall von John Lennon muss man sich das jetzt so vorstellen: 25 Jünger geben Lennons erstes Soloalbum John Lennon/Plastic Ono Band von 1970 zu ihrem jeweils Besten. Und Candice Breitz bastelt aus den Ton- und Videospuren dann eine Choralversion auf 25 parallel geschalteten Monitoren. Übrigens exakt in der Originallänge von 39 Minuten und 55 Sekunden.

So etwas hält die stärkste Badewanne nicht aus und wird deswegen eher im Kunstkontext vertrieben. Das Lennon-Tribute etwa wurde von der Londoner White Cube Gallery in Newcaste upon Tyne produziert und hatte am 10. Oktober in Gateshead Premiere. Dort fanden sich nebst dem Publikum von White Cube, welches man sonst auch gerne auf der Londoner Frieze Art Fair oder der Art Basel in Miami Beach antrifft, vor allem Familienmitglieder der Interpreten. Die Pop-Geschichte weiß von den Originalaufnahmen zu Working Class Hero zu berichten, dass Lennon sich zu der Zeit nicht nur Joko Ono, sondern auch Dr. Arthur Janovs angeblich Traumata löschenden Urschreitherapie zu widmen hatte. Die Fans dürften sich die Anekdote zu Herzen genommen haben. Ein jeder der 25 Auserwählten müht sich ab, sein Innerstes nach außen zu kehren. Was vor allem auch den absolut mangelhaften Beitrag des englischen Gesundheitssystems zur Zahnhygiene ungeschminkt aufdeckt, aber auch von den insularen Eigenheiten betreffend die Ernährung zu berichten weiß.

Der Rest ist pure Inbrunst: 25 vom eigenen Gemüt völlig ergriffene, eher einfache Gemüter schmettern eher schwer als "Lyrics" erkennbare Zeilen ins Publikum: "As soon as you're born they make you feel small / By giving you no time instead of it all / Till the pain is so big you feel nothing at all/ A working class hero is something to be / A working class hero is something to be / They hurt you at home and they hit you at school / They hate you if you're clever and they despise a fool / Till you're so fucking crazy you can't follow their rules ... Und also erkennt der geübte Kunstfreund sofort die kritische Analyse der jüngeren Sozialgeschichte Großbritanniens in der liebevollen Persiflage auf das Genre Band-Aid-Video-Clip. (Markus Mittringer / DER STANDARD, Printausgabe, 19.12.2006)