Wien – Hat Wolfgang Schüssel einen „Plan B“? Wird er versuchen, Alfred Gusenbauers Kanzler-Ambitionen zunichte zu machen? Diese Fragen beschäftigen die Innenpolitik kurz vor Weihnachten. Offiziell hat sich an der konstruktiven Haltung der ÖVP nichts geändert, man bezichtigt vielmehr die SPÖ, bereits an einer Minderheitsregierung zu basteln. Inoffiziell werden Geheimgespräche zwischen ÖVP, dem BZÖ und der FPÖ aber nur noch halbherzig dementiert. Starke ÖVP-Länderorganisationen wie die Steiermark sprechen schon ganz offen von dieser Option. Der steirische Parteigeschäftsführer Hannes Missethon sagte am Mittwoch zum Standard, er schätze die Wahrscheinlichkeit für eine große Koalition nur noch mit 50 zu 50 ein. Ebenso groß sei die Möglichkeit der Bildung einer bürgerlichen Mehrheit. Missethon: "Wenn die vom Bundespräsidenten gewünschte große Koalition nicht Wirklichkeit wird, dann sind Dreierkoalitionen zu prüfen." Das BZÖ freilich dementiert diese Variante. Schon gar nichts will BZÖ-Klubchef Peter Westenthaler von einem CDU/CSU-Modell mit der ÖVP wissen. Westenthaler zum Standard: "Weder sind wir gefragt worden noch käme es für uns infrage." Zwar macht Westenthaler kein Hehl daraus, dass er „aus Verantwortung für das Land“ selbst zu einer Koalition mit ÖVP und FPÖ bereit wäre – darüber gebe es „immer wieder Gespräche mit den Vernünftigen in der ÖVP".

Allianz der Vernünftigen

Zu diesen „Vernünftigen“ soll, dem Vernehmen nach, auch Ex-Verteidigungsminister Werner Fasslabend zählen, der sich um Vermittlung zwischen den „bürgerlichen Parteien“ bemühe. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat sich freilich am Mittwoch einmal mehr festgelegt: Eine Regierungsform, in der Schüssel Kanzler und er, Strache, Vizekanzler sei, werde es nicht geben. Manche in der FPÖ halten genau diese Formulierung für ein "Exit-Szenario". Strache, und mit ihm auch Europaparlamentarier Andreas Mölzer, sollen unter bestimmten Bedingungen doch zu einem Pakt mit der ÖVP bereit sein, Ex-Volksanwalt Ewald Stadler ist nach wie vor strikt dagegen. Spannend bleibt es allemal, meint ein VP-Mann: „Es könnte sein, dass die stillsten Tage im Jahr nicht gar so still werden, wie manche hoffen.“ (Walter Müller, Petra Stuiber, DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2006)