Wien - EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner muss einem Medienbericht zufolge vorerst kein strafrechtliches Verfahren wegen der Visa-Affäre fürchten. Die Staatsanwaltschaft Wien wolle das Verfahren gegen die frühere österreichische Außenministerin einstellen, meldet das Nachrichtenmagazin am Sonntag aus seiner neuen Ausgabe. Ein entsprechender Vorhabensbericht liege derzeit zur Prüfung bei der Oberstaatsanwaltschaft.

Demnach dürfte es keine strafrechtlich ausreichenden Anhaltspunkte dafür geben, dass Ferrero-Waldner während ihrer Amtszeit als österreichische Außenministerin von dem angeblichen jahrelangen Visa-Handel an den österreichischen Vertretungen in Belgrad, Budapest und Bukarest wusste oder diesen billigte.

Kriminelle Machenschaften

Neben dem früheren oberösterreichischen SPÖ-Abgeordneten Helmut Edelmayr, der eine Strafanzeige gegen Ferrero-Waldner einbrachte, belastete auch die einstige österreichische Generalkonsulin in Belgrad, Andrea S., das Ministerium schwer. Sie habe die kriminellen Machenschaften in Belgrad im Jahr 2001 dem Ministerium gemeldet, doch sei den Hinweisen nicht nachgegangen worden. Vielmehr sei sie als "nicht kundenfreundlich" von ihrem Posten entfernt und ausgerechnet durch jenen Diplomaten ersetzt worden, gegen den später strafrechtliche Ermittlungen in der Visa-Affäre eingeleitet wurden, heißt es in der von "News" zitierten Gerichtsaussage von Andrea S.

Die Frage nach der politischen Verantwortung der Ex-Ressortchefin könnte laut "profil" wieder aufgeworfen werden, da den hauptverdächtigen damaligen Botschaftsbediensteten nun ein Prozess drohe. Auch in diesem Fall habe die Staatsanwaltschaft Wien einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt. Die angeblich mangelnde Kontrolle durch das Außenministerium dürfte in einem solchen Gerichtsverfahren zur Sprache kommen. Die Entscheidung der Oberstaatsanwaltschaft stehe in beiden Fällen noch aus.

Ein früherer österreichischer Konsul im nigerianischen Lagos wurde im Jänner in Wien zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt, weil er mit fingierten Einladungsschreiben 678 Visa ausgestellt haben soll. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Im November begann vor dem Landesgericht Korneuburg ein weiterer Prozess gegen den früheren Leiter der Konsularabteilung in Ankara, der illegal Visa ausgestellt haben soll.

Das Außenministerium musste sich von einer eigens eingesetzten Untersuchungskommission sowie vom Rechnungshof deutliche Kritik an den Umständen gefallen lassen, die zu den Unregelmäßigkeiten im Visa-Bereich geführt haben. In den Berichten wurden mangelnde Personalrotation sowie fehlende Kontrollmechanismen bemängelt. Das Außenministerium gelobte Besserung, betonte aber zugleich, dass "an die 100 Prozent" der 400.000 jährlich vergebenen Sichtvermerke korrekt vergeben würden und lediglich gegen eine "Hand voll" früherer und aktiver Mitarbeiter des Ministeriums strafrechtliche Ermittlungen im Gang seien. (APA)