"All I could do was to offer you an opinion upon one minor point – a woman must have money and a room of her own if she is to write fiction; and that, as you will see, leaves the great problem of the true nature of woman and the true nature of fiction unsolved." A Room of One's Own (1929)

"Sie ist mir immer sehr fremd geblieben", sagt Elfriede Jelinek über die Frau, die als eine der einflussreichsten Autorinnen des vorigen Jahrhunderts gilt. Die 1929 "fünfhundert Pfund im Jahr und ein eigenes Zimmer" für Schriftstellerinnen forderte. Die "Orlando" geschlechterwechselnd durch die Jahrhunderte schickte. Deren frühe Missbrauchserfahrungen und psychische Disposition sie 1941 ihr Leben beenden ließen. Fremd ist sie der österreichischen Nobelpreisträgerin für Literatur geblieben, weil sie als Autorin "zu klassizistisch, zu vollendet, wie aus Marmor" war, die feministischen Aspekte ihres Werks jedoch nennt nicht nur Jelinek als maßgeblich.

Die am 25. Januar 1882 als Adeline Virgina Stephen in London geborene Virginia Woolf hat sich nicht nur in dem vielzitierten Essay A Room of One's Own mit Geschlecht beschäftigt.

"Different though the sexes are, they inter-mix. In every human being a vacillation from one sex to the other takes place, and often it is only the clothes that keep the male or female likeness, while underneath the sex is very opposite of what it is above... Every secret of a writer's soul, every experience of his life, every quality of his mind is written large in his works." Orlando: A Biography (1928)

So reist Virginia 1910 mit falschem Bart in den Küstenort Weymouth, gibt sich als Kaiser von Abessinien aus und lässt sich durch das königliche Kriegsschiff "Dreadnought" führen. Doch wenn sie schrieb, war sie immer Frau, meinte sie in The Diary of Virginia Woolf (1929). Eine Frau zu sein bedeutet ihr aber schon früh Schmerz. Missbrauch – mutmaßlich durch ihre beiden Halbbrüder aus erster Ehe der Mutter – lässt sie fortan keine Freude mehr an ihrem Körper verspüren, schreibt sie rückblickend. Das und der frühe Tod von Julia Jackson, ihrer Mutter, im Jahr 1895 sind Anlass für erste psychische Ausnahmezustände, wobei die Ausnahmen sich später in ihrem Leben häufen sollten.

Als eine Stephen wächst sie in einer gesättigten wie intellektuellen Umgebung auf; sie hat Zugang zur umfangreichen Bibliothek ihres Vaters, was schon früh ihre schriftstellerischen Ambitionen weckt. 1915 erscheint ihr erster Roman The Voyage Out, ein Entwicklungsroman, der eine durch Südamerika reisende junge Frau in den Mittelpunkt stellt. Dazwischen liegt ein Leben in der Londoner Bohème, das Zusammenfinden der legendären Bloomsbury Group um Woolf und ihre Geschwister Vanessa und Thoby, dem Autor David Herbert Lawrence, dem Maler Duncan Grant oder Bertrand Russell. Der Tod ihres Vaters, ihr "Times"-Engagement, Krankheitsphasen, der Tod ihres Bruders Thoby, die Heirat mit Leonard Sidney Woolf, dem sie schon 1901 begegnete, ein erster Suizidversuch. Die Ehe bezeichnete sie selbst als glücklich; Woolfs außereheliche Liebesbeziehungen mit Frauen störten die Harmonie nicht. Leonard widmete sich bald nach der Heirat ebenfalls dem Schreiben. 1917 gründete das Paar die "Hogarth Press", einen Verlag, dessen Ausgangspunkt die Anschaffung einer handbetriebenen Druckerpresse war und der schon bald etliche namhafte Autorinnen und Autoren verpflichtete.

Virginia Woolf selbst veröffentlichte 1922 Jacob's Room, in welchem sie – zur selben Zeit wie auch James Joyce – die Form des inneren Monologs entwickelt. 1925 folgt Mrs. Dalloway, 1927 To the Lighthouse, eine Aufarbeitung ihrer Kindheit, die in die Jahrhundertliste der besten englischsprachigen literarischen Werke aufgenommen wurde (mit Platz 15 der bestgereihte Roman einer Frau, nur sieben weitere Werke von Autorinnen wurden von der männlich dominierten Jury für die Liste würdig empfunden). 1928 publiziert sie Orlando, worin sie ihre Liebesbeziehung mit der Schriftsteller-Kollegin Vita Sackville-West verarbeitet.

"Therefore if you insist upon fighting to protect me, or 'our' country, let it be understood, soberly and rationally between us, that you are fighting to gratify a sex instinct which I cannot share; to procure benefits which I have not shared and probably will not share; but not to gratify my instincts, or to protect either myself or my country. 'For', the outsider will say, 'in fact, as a woman, I have no country. As a woman I want no country. As a woman my country is the whole world.'"

Three Guineas (1938) und das schon erwähnte Essay A Room of One's Own (1929) nehmen rückblickend besonderen Stellenwert in Woolfs Oeuvre ein. Beides feministische Texte, gaben sie damals wie auch später Anlass zur Diskussion. In Three Guineas beschäftigt sich Woolf zu Beginn des Zweiten Weltkriegs mit Krieg als Konsequenz patriarchalischer Gesellschaftsformen; sie grenzt sich als Frau von Militarismus und Faschismus ab. Zum Opfer des Krieges wird sie nichtsdestotrotz: 1940 zerstören deutsche Bomben ihr Londoner Haus. Die Bipolare Störung nimmt sie immer mehr mit; oft kann sie über Tage und Wochen nicht arbeiten. "Je lauter die Stimmen in ihrem Kopf zu sprechen beginnen und wie ihr Schreiben immer sachlicher, 'realistischer' wird, geradezu ausdünnt, während der Wahnsinn immer lauter spricht", zeigt sich Elfriede Jelinek angesichts der Entwicklung ergriffen.

Am 28. März 1941 tritt Woolf ihren letzten Weg an, der sie zum Flüsschen Ouse in der Grafschaft Sussex führt. Dort geht sie ins Wasser, einen schweren Stein in der Manteltasche, und ertränkt sich. (red)