Es heißt: "Kleider machen Leute." Wie man sich kleidet, so wird man wahrgenommen. Und es heißt noch mehr: Wie man sich kleidet, so fühlt man sich. Wie mit der Kleidung verhält es sich auch mit der Architektur, dem räumlichen Umfeld des Menschen.
Die meiste wache Zeit unseres Lebens verbringen wir nicht in der Wohnung, sondern am Arbeitsplatz. Auf Politiker und Politikerinnen trifft dies angeblich in besonderem Maße zu. Schenkt man ihnen Glauben, sind sie Tag und Nacht um das Wohl der Republik bemüht. Bei diversen Fernsehsendungen fällt auf, dass der Großteil unserer Volksvertreter in verstaubten Amtsräumen und Prunkbauten aus längst vergangenen Tagen der Monarchie arbeitet. Abgesehen von den herrschaftlichen Dimensionen dieser Räume strotzen sie geradezu vor barockem Dekor – meist in Rot, Weiß, Gold. In solche Räume geht man nicht hinein, nein, man wird vorgelassen.
Architektur als die dritte Haut: Wie wirken diese Räume auf ihre Nutzer und Nutzerinnen? Beeinflussen sie nicht auch Haltung und Denkweise der Menschen, die sich viele Stunden darin aufhalten? Eine Hypothese: Könnte es nicht sein, dass die Herren und Damen, die tagtäglich gezwungen sind, auf roten Teppichen mit weiß-goldenen Möbeln, Kristalllustern und Wandtäfelungen zu residieren, ein klein wenig von monarchischen und feudalistischen Tendenzen angewandelt werden?