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Große Aufgaben für die neuen Stadträte - etwa beim weiteren U-Bahn-Bau

Foto: APA/Artinger
Wien – „Jetzt freu’ ich mich schon wieder auf meine Lieblingsbeschäftigung“, verkündete Bürgermeister Michael Häupl am Dienstag bei einem Abschiedsempfang für den scheidenden Finanzstadtrat Sepp Rieder. Und Häupl meinte diesmal weniger seine früheren wissenschaftlichen Arbeiten im Naturhistorischen Museum – sondern: „Bürgermeister sein.“

Atmosphärisches

Tatsächlich sollte die lange Zeit des Vakuums nun zumindest atmosphärisch aufgelöst sein: Hieß es in den Jahren 2000 bis 2006 bei politischem Stillstand stets, der Bund sei Schuld, folgte die noch zermürbendere Phase der Regierungsbildung. Nun aber, da die SPÖ wieder in der Bundesregierung sitzt und auch die Wiener Stadtregierung wieder neu formiert wurde, wird sich zeigen, ob die großen anstehenden Brocken in der Stadt tatsächlich bewegt werden.

Was aber nicht unbedingt heißt, dass es jetzt leichter geht. Die neue Finanzstadträtin Renate Brauner etwa sieht sich bei den Verhandlungen über den weiteren Wiener U-Bahn-Bau nun ihrem Ex-Kollegen, dem Infrastrukturminister Werner Faymann (SP), gegenüber. Allein: Die Finanzierung muss sie mit dem VP-Finanzminister Wilhelm Molterer ausschnapsen. Und der hat zunächst einmal ein Sparpaket angekündigt.

Die Stadtfinanzen selbst sind zwar stabil – entscheidend wird aber sein, in welchem Bereich neue Schwerpunkte gesetzt werden und wo die Stadt neben dem Biotech-Cluster weitere Kompetenzfelder erschließen kann. Dies auch im Zusammenhang mit der noch längst nicht entspannten Lage am Arbeitsmarkt – derzeit sind in Wien beim AMS immer noch mehr als 86.000 Personen als arbeitslos gemeldet.

Spitalsplan

Ein gewaltiges Paket, das Brauner noch als Gesundheitsstadträtin geschnürt hat, muss nun ihre Nachfolgerin Sonja Wehsely austragen: Der Spitalsneubau im Norden der Stadt muss noch endgültig fixiert – und gleichzeitig die Spitalsreduktion und -zusammenlegung im Westen der Stadt exekutiert werden. Außerdem muss sie die Geriatriereform über die Bühne bringen: Es gilt, das Lainzer Geriatriezentrum Am Wienerwald endgültig auf den Stand der Zeit zu bringen. Voraussetzung dafür ist die Errichtung neuer, dezentraler Einrichtungen. Der neue Wohnbaustadtrat Michael Ludwig übernimmt eines der innovativsten Ressorts – nicht nur was die Eigenvermarktung des früheren Stadtrates Faymann mit Werbemitteln betrifft, die von Banken und Wohnbauträgern finanziert wurden.

Faymann war es immerhin gelungen, im Wohnbau die Errichtungskosten über Wettbewerbe zu senken – und gleichzeitig neue Standards einzuführen: Geförderte Neubauten sind derzeit grundsätzlich auf Niedrigenergie-Niveau und werden immer öfter durch noch effizientere Passivhaus-Projekte „unterboten“.

Bleibt abzuwarten, ob Ludwig als inhaltlicher Quereinsteiger diese Linie weiter verfolgen und ausbauen kann. Schließlich gilt es in den nächsten Jahren, neue Stadtteile mit Leben und Qualität zu füllen: Vom neuen Viertel rund um den Hauptbahnhof über das „Eurogate“ auf dem ehemaligen Aspang-Bahnhof bis hin zum Flugfeld Aspern, wo erstmals die Chance bestünde, mithilfe einer Tiefenbohrung einen energieautarken Stadtteil zu schaffen. Sofern man sich traut und viel Geld in die Hand nimmt.

Den größten Nachholbedarf gibt es auf dem Bürosektor, wo Ludwig über die Bauordnung derzeit gängige Neubauten verhindern könnte, die massiv Energie verschleudern. Die neue Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger steht indes weiter vor dem Wien-Bund-Dilemma: Denn die neue Bundesregierung hat angekündigt, dass am Fremdenrecht nicht gerüttelt werde. Ihre Vorgängerin Sonja Wehsely hinterließ ihr jedenfalls ein Abschiedsgeschenk: Dienstag wurde beschlossen, die Aktion „Mama lernt Deutsch“ vom Pflichtschulbereich auch auf Kindergärten auszuweiten. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe, 24.01.2007)