Vor dem Kanzleramt: Demonstranten, freiwillig aneinandergekettet aus Protest. Harmonieübung beim Steh-Foyer.

Foto: Matthias Cremer

Im Kanzleramt: Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (re.) und Vizekanzler Wilhelm Molterer (li.) beim Pressefoyer nach dem Ministerrat, freiwillig aneinandergeschmiegt, aus Harmonie- und Anschauungsgründen den Medien gegenüber.

Fotos: Matthias Cremer
Der erste Arbeits-Ministerrat der rot-schwarzen Regierung war vom Bemühen getragen, den Eifer an der „gemeinsamen Sache“ zu zeigen und die Distanz zu den Medien zu überbrücken. Abgesehen von kleinen Pannen verlief das Pressefoyer recht harmonisch.

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Wien – Zwei Tage lang hatten die Vorbereitungen zur ersten Arbeitssitzung des Ministerrats am Mittwoch gedauert. Zwei Tage lang hatten die Teams von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer um die wichtige Frage gerungen: „Wie treten wir der Presse gegenüber?“ Gusenbauer war, dem Vernehmen nach, für eine lockere Stehpartie, nach Kreisky’schem Vorbild (siehe auch Artikel daneben). Molterer soll – natürlich nur in Sorge um die Praktikabilität für die Journalisten – skeptisch gewesen sein.

Semi-lockeres Pressefoyer

Es wurde dann ein semi-lockeres Pressefoyer nach gut eineinhalb Stunden interner Arbeitssitzung. Draußen vor dem Kanzleramt hatten sich ein paar Regierungskritiker aus Protest gegen Rot-Schwarz aneinandergekettet, drinnen probten Kanzler und Vizekanzler die Harmonie auf Tuchfühlung. Wilhelm Molterer betrat als erster federnd den prächtigen Kongresssaal im Bundeskanzleramt, unmittelbar darauf folgte Alfred Gusenbauer. Beide Herren nahmen gleich nach der Tür Aufstellung, eng beieinander – ganz so, als sei ihnen die Nähe zum Journalistenpulk, den Kameraleuten und Fotografen doch irgendwie unheimlich.

Die Befürworter des Kreisky-Revivals hatten sich durchgesetzt. Das Zugeständnis an das moderne Medienzeitalter: Kanzler und Vizekanzler trugen Funkmikrofone, damit sie auch hinten im Saal gehört werden konnten. Inhaltlich gaben sich die Koalitionäre sowieso einträchtig. Molterer bezeichnete die Regierung als „zwei starke Teams, die sich der gemeinsamen Sache verpflichtet fühlen“, Gusenbauer versprach, das Regierungsprogramm „mit großem Engagement anzugehen“.

Regierungsklausur

Schon Ende Februar soll es im Vorfeld des EU-Gipfels am 8. und 9. März eine Regierungsklausur zu „Wachstum und Beschäftigung“ sowie zur „Verwaltungsreform“ geben. Zweiteres sei auch im Hinblick auf die Budgetpläne der Regierung wichtig, ergänzte Finanzminister Molterer, der die Arbeit am geplanten Doppelbudget 2007 und 2008 sofort aufnehmen will. Da die Regierung durch die langen Koalitionsverhandlungen in Verzug geriet, beschloss man am Mittwoch vorsorglich ein gesetzliches Budget-Provisorium, in dem die Zahlen vom Vorjahr in Zwölftelschritten fortgeschrieben werden.

olterer will seine Budgetrede schon Ende März im Parlament halten, die Verhandlungen mit den Ressortkollegen über deren Etats sollen bereits in der kommenden Woche beginnen. Von einem Vorverlegen der Steuerreform auf 2008 oder 2009, wie dies zuletzt ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer gefordert hatte, hält Molterer nichts: „Wir haben den Zeitplan aus gutem Grund so erstellt, um über den Konjunkturzyklus ein ausgeglichenes Budget zu erreichen.“ Erst dann, am Ende der Legislaturperiode, sei Spielraum für eine Steuer-Entlastung.

"Lösung ohne öffentlichen Lärm"

In der Ortstafelfrage setzt der Kanzler auf eine „Lösung ohne öffentlichen Lärm“, für die der 2006 ausverhandelte Kompromiss als Grundlage dienen könne. Von einer Weisung an den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hält Gusenbauer nichts.

Zum Abschluss gab’s dann noch ein paar Kanzler-Streicheleinheiten für die Blaulicht-Organisationen: Die hätten bei der Behebung der Schäden, die „Kyrill“ angerichtet hatte, wertvolle Arbeit geleistet. Eine Vizekanzler-Beruhigungspille für die Geschädigten: Der Katastrophenfonds ist gut gefüllt. Und ein – wohl unverhoffter – Sanctus Gusenbauers für Heinz-Christian Straches „Jugendtorheiten“.

Durch die Hintertür

Die Minister verließen das Bundeskanzleramt übrigens, wie die Vorgänger-Regierung, zum Großteil durch die Hintertür. Ein paar wenige, wie Wissenschaftsminister Johannes Hahn, mischten sich unter die Journalisten. Hahn über die erste Arbeitssitzung der neuen Regierung: „Wir haben uns recht gut verstanden.“ (Petra Stuiber, DER STANDARD, Printausgabe 25.1.2007)