Eine Stärkung der privaten Medien und keine weitere Bevorzugung des öffentlich-rechtlichen ORF wünschen sich die Zeitungsverleger von der großkoalitionären Medienpolitik. Es bedürfe keiner weiteren Stärkung des ORF, stellte Horst Pirker, Präsident des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), im APA-Interview klar. "In Wahrheit ist eine Stärkung der privaten Medienveranstaltung notwendig, weil das duale System nirgends auf der Welt so aus dem Gleichgewicht ist wie in Österreich."

Kritik an Spartenkanalplänen

Kritik übt der Verlegerpräsident etwa an den Spartenkanalplänen des ORF. TW 1 soll ja zum Informationsspartensender ausgebaut werden, die SPÖ möchte dem ORF in Zukunft sogar mehr Spartenkanäle ermöglichen. Pirker: "Das ist genau die Verwechslung, hinsichtlich eines starken ORF. Der ORF ist mehr als stark genug, er braucht keine neuen Kanäle. Im Gegenteil: Es ist zu überlegen, ob er nicht längst zu viele Kanäle betreibt."

Ideen, wonach der ORF stärker mit ATV kooperieren oder sich gar an dem Privatsender beteiligen können soll, hält Pirker für vollkommen "absurd". ORF-Chef Alexander Wrabetz und SPÖ-Mediensprecher Josef Cap haben in der Vergangenheit Sympathien für eine solche Kooperation durchklingen lassen. Pirkers Botschaft an Wrabetz und Cap: "ATV kommt leider nicht und nicht auf die Beine, weil das duale System in Österreich eben ganz aus dem Gleichgewicht ist. Und dann gibt es Menschen, die die Therapie darin sehen, dass der ORF, der ja genau für das Ungleichgewicht verantwortlich ist, sich auch noch an dem privaten ATV beteiligt und damit die Reste eines dualen Systems zerstört werden. Dass man das in Österreich ernsthaft laut sagen kann, stärkt vielleicht das Prinzip der Meinungsfreiheit, intellektuelle oder gar systematische Maßstäbe darf man da nicht anlegen."

ORF-Werbezeiten

Negativ stehen die Verleger auch einer Lockerung der ORF-Werbezeiten gegenüber. Der ORF habe schon jetzt "mehr als genug" Werbezeiten. "Wenn er sich in Zukunft auf klassische Werbeformen beschränkt, ist das gerade noch erträglich", so der VÖZ-Präsident und Vorstand der Styria Medien AG. "Ein öffentlich-rechtlicher Medienveranstalter muss sich jeder Form von Schleichwerbung, Produktionskostenzuschüssen etc. enthalten. Das ist eine Frage der Hygiene und eine Frage der Glaubwürdigkeit."

Dass Medienwerbung im ORF wieder mit Inhalten und ohne zeitliche Beschränkung zugelassen wird, ist den Verlegern dabei offenbar kein Anliegen. "Das führt zu noch größeren Wettbewerbsverzerrungen und zu noch stärkerer Konzentration der Medienanbieter. Das ist auch demokratiepolitisch höchst bedenklich."

Geplante Aufwertung der KommAustria

Begrüßt wird die von SPÖ und ÖVP geplante Aufwertung der KommAustria zu einer unabhängigen Medienbehörde. "Das ist rechtspolitisch sicher der richtige Weg. Wissen muss man nur, dass das auch für die privaten Medienveranstalter nicht immer nur angenehm sein wird." Ein Lizenzierungsverfahren für den ORF nach dem Vorbild der BBC sei nicht unbedingt notwendig. "Wichtig ist, dass private Medienveranstalter und der öffentlich-rechtliche ORF nicht einfach über einen Leisten geschoren werden. Es muss doch einen erkennbaren Unterschied machen, ob ich gebührenfinanziert bin oder jeden Cent am Markt verdienen muss." Ein Lizenzierungsverfahren für den ORF erscheine jedenfalls fragwürdig. "Die in einigen europäischen Ländern diskutierte Förderung im öffentlichen Interesse stehender Programminhalte auch bei nicht öffentlich-rechtlichen Veranstaltern scheint mir der interessantere Weg zu sein", sagte Pirker. Die versprochene Medienförderung für elektronische Anbieter könnte in diesem Zusammenhang der "Beginn einer Philosophie der Förderung wertvoller Inhalte sein, statt einer Förderung starrer Strukturen".

Trotz der unterschiedlichen Ansichten haben sich Verlegerpräsident Pirker und ORF-Chef Wrabetz inzwischen bei einem persönlichen Treffen auf eine "geordnete Bearbeitung der vielen offenen Themen zwischen dem öffentlich-rechtlichen ORF und den privaten Medienveranstaltern verständigt", wie Pirker berichtet. In Richtung Politik steht darüber hinaus die Abschaffung der Werbesteuer ganz oben auf der Wunschliste der Verleger. Diese verursache nämlich "Standortnachteile für österreichische Unternehmen". (APA)