Die Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) will die Teilrechtsfähigkeit als Zweigverein so bald wie möglich festschreiben, der Startschuss dazu fiel in der Vorstands-Sitzung am Donnerstag. Am Nachmittag wurde ein akkordiertes Papier beschlossen, das eine Arbeitsgruppe vorsieht, die bis Ostern ausloten soll, wie die Organisation in einem Zweigverein funktionieren könnte.

Massive Kritik an den Plänen kommt von den unabhängigen Gewerkschaftern in der GÖD. Vorsitzender Reinhart Sellner fühlt sich übergangen, sowohl FSG (Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen) als auch FCG (Fraktion christlicher Gewerkschaften) hätten sich längst darauf geeinigt, eine de facto Loslösung vom ÖGB auch gegen interne Skepsis und Kritik durchzusetzen. Das sehe man schon allein an der Tatsache, dass die heutige Sitzung keine Bundeskonferenz sondern eine einfache Vorstandssitzung sei, "in der FCG und FSG in ihrer heilen Welt unter sich" seien. "Nicht alle in der GÖD sind so zufrieden mit diesem Kurs", betont Sellner im derStandard.at-Gespräch und meint nach eigenen Angaben damit nicht nur die Unabhängigen GewerkschafterInnen.

Schritt zur "Zerbröselung"

"Man kann doch nicht einfach die Mitglieder wie Leibeigene verschieben", empört sich Sellner und bezweifelt, dass sich Neugebauer letztendlich durchsetzen kann. Über kurz oder lang werde dieser Schritt zur "Zerbröselung" des ÖGB führen. Denn auch "Gewerkschaftshäuptlinge" aus anderen Teilorganisation würden bereits an ähnlichen "feudalen" Konstrukten arbeiten. Insofern hoffe er, dass die GÖD als heilsamer Schock dienen werde, denn es stehe zu befürchten, dass sich die GÖD ohne die Gesamtgewerkschaft "herunterwirtschaften" werde. "Wenn es wirklich zu einer Zerbröselung kommt, wer weiß, vielleicht hängen wir uns an die Gewerkschaft der Gemeindebediensten an," so Sellner.

Karlhofer: "Wunsch steht im Raum"

Dass es die GÖD demnächst teilrechtsfähig wird, bezweifelt der Politikwissenschafter Ferdinand Karlhofer nicht. "Weiter kann Neugebauer allerdings nicht gehen", so Karlhofer zu derStandard.at. "Einige andere Gewerkschaften wie die Chemiearbeiter oder die Bau-Holzarbeiter werden folgen." Erstaunlich findet Karlhofer das Tempo, in der die FCG in der GöD die Teilrechtsfähigkeit nun vorantreiben will und so eine "Eskalation in Kauf nimmt". Dass die Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter derart "leise" ist, liege laut Karlhofer daran, dass Neugebauer damit drohe, die "Bawag-Karte" ausspielen.

Die finanzstarke GÖD ist gleichzeitig der größte Nettozahler im ÖGB. "Eine Herauslösung der GÖD wäre eine weitere finanzielle Schwächung jeder Gewerkschaften, die ohnehin schwach sind," so Karlhofer. Die GÖD iniziiere damit die "Aufkündigung der Solidargewerkschaft." (mhe)