Graz/Wien – Sozialminister Erwin Buchinger (SP) gegen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (VP), die nächste Runde: Diesmal geht es um jenen Passus im Regierungsprogramm, der eine Volksabstimmung über ein neues Pflegegesetz in den Raum stellt. Buchinger hatte diese Möglichkeit in der ORF-Fernsehdiskussion „Offen gesagt“ thematisiert, Bartenstein-Sprecher Holger Fürst schwächt tags darauf ab: Es sei „verfrüht“, jetzt über eine Volksabstimmung zu diskutieren, „da wird man am Ende des Tages darüber beraten müssen“.

Buchinger hingegen bekräftigt, im Fall „massiver Änderungen“ bei der Pflegefinanzierung eine Volksabstimmung abhalten zu wollen. Angestrebt werde dies allerdings nicht, schränkt seine Sprecherin Gisela Kirchler-Lidy ein: „Es kann, muss aber keine Volksabstimmung geben.“

"Viel zu wenig strukturiert"

Jetzt soll erst einmal die von Buchinger eingesetzte Arbeitsgruppe ihre Arbeit beginnen. Am 26. Februar tagen erstmals Vertreter der Länder, des Wirtschafts-, Sozial-, und Gesundheitsministeriums zum Thema. Bis Jahresende sollen sie eine Neuregelung des Pflegesystems erarbeiten, besser noch bis Jahresmitte. Denn am 30. Juni läuft die Amnestie für illegale Pfleger aus. Laute Kritik an der derzeitigen Pflegedebatte übt der steirische SPÖ-Landeshauptmannvize und Sozialreferent Kurt Flecker. Die Diskussion laufe „viel zu wenig strukturiert“, sie böte mehr Verwirrung als Aufklärung. Denn fest stehe: Die angedachten Pflegevarianten seien über das derzeitige System „nicht mehr finanzierbar“. Flecker verlangt daher vehement die Einführung einer Pflegeversicherung.

Der Soziallandesrat im Gespräch mit dem Standard: „Wir dürfen uns da nicht weiter um die Frage herumlügen. Ohne zusätzliche Einnahmequellen wird das System der Pflege, noch dazu neue Leistungen, nicht mehr bezahlbar sein.“ Eine Pflegeversicherung bedeutet – nach Fleckers Berechnungen – einen allgemeinen Beitragssatz von 1,95 Prozent des sozialversichungspflichtigen Einkommens. Sozialpartnerschaftlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geteilt, bedeute dies eine Betragshöhe von 0,975 Prozent.

Was Flecker in der momentanen Pflegedebatte besonders missfällt: Derzeit werde von der Regierung – einschließlich Sozialminister Erwin Buchinger – der Eindruck erweckt, „der Staat finanziert jeden, der eine 24-Stunden-Pflege haben will“. Flecker: „Das ist völlig illusorisch und irreführend, weil unfinanzierbar“. (von Karin Moser und Walter Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 13.2.2007)