Thermische Sanierung eines Wiener Wohnbaus von den silberpfeil-architekten: Es handelt sich um eine gedämmte (15 cm), hinterlüftete Fassade. Die Außenhaut ist mehrschichtig und besteht aus gestanzten eloxierten Aluminiumblechen in hellgold und natur,...

Foto: silberpfeil-architekten

...die mit mehrfarbigen Aluplatten hinterlegt wurde. Dadurch entstand eine "flimmernde lebendige Optik, die an das ursprüngliche Fassadenbild erinnert".

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Der jüngste UN-Klimabericht hat klargemacht, dass die CO2-Emissionen des Menschen für den Klimawandel ursächlich verantwortlich sind. Dieser Schadstoffausstoß geht wiederum zu 30 Prozent auf die Kappe der Raumwärme – also des Heizwärmebedarfs der menschlichen Behausungen.

Feuer am Dach

Heute neu errichtete oder sanierte Gebäude werden allerdings im Schnitt erst in 40 Jahren das nächste Mal saniert. Außerdem steigt nach wie vor der Flächenbedarf pro Kopf jedes Jahr um einen Quadratmeter, weshalb die bisherigen Maßnahmen zur Reduzierung des Heizwärmebedarfs unterm Strich zu keinen Einsparungen beigetragen haben; es konnte lediglich ein weiterer Anstieg der Emissionen verhindert werden.

Es ist daher – im nur leicht übertragenen Sinne – tatsächlich das sprichwörtliche "Feuer am Dach": Die Energieeffizienz der Gebäude muss erheblich verbessert werden, wenn die verheerenden Folgen des Klimawandels noch verhindert werden sollen. Das Gute daran: Es ist eine "Win-Win-Win"-Situation; die CO2-Emissionen in die Atmosphäre werden verringert, es entsteht durch die bessere Dämmung ein behaglicheres Raumklima – und die Heizkosten sinken auf Dauer enorm.

Sanieren und studieren

Im Neubaubereich sind Niedrigenergie- und Passivhäuser mittlerweile "state of the art", diese Gebäude sind höchst energieeffizient und dementsprechend emissionsarm. Der Passivhausstandard reduziert den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen um 80 Prozent gegenüber konventionellen Neubauten.

Die weitaus größten Einsparungspotenziale, nämlich von bis zu 95 Prozent bei den CO2-Emissionen, liegen freilich in der Altbausanierung. Konkret bei Gebäuden, die zwischen 1945 und 1980 gebaut wurden – laut Gemeinschaft Dämmstoff Industrie (GDI) sind das in Österreich rund 750.000.

"In der thermischen Modernisierung dieses Gebäudebestandes besteht der wichtigste Schritt zur Erreichung der Kyoto-Ziele und einer nachhaltigen Absicherung der Energieversorgung Österreichs", weiß GDI-Geschäftsführer Franz Roland Jany – und hat einen plakativen Vergleich parat: "Die Einsparungen sind so groß, dass alle österreichischen Studenten damit sechs Jahre ohne Gebühren studieren oder neun bis elf Eurofighter finanziert werden könnten, nämlich rund 900 bis 1100 Millionen Euro pro Jahr."

Unmöglich scheint dabei nichts: Selbst aus einem so genannten "Althaus" mit einer Energiekennzahl von 200 kWH pro Quadratmeter und Jahr kann ein Niedrigenergiehaus oder sogar ein Passivhaus gemacht werden.

Rund 30.000 Euro

Als "Faustregel" gilt: Für eine umfassende thermische Sanierung eines Einfamilienhauses, also inklusive Dämmung, Austausch der Fenster und des Heizkessels, muss mit rund 30.000 Euro gerechnet werden. In genau dieser Höhe fordert der GDI deshalb eine steuerliche Absetzbarkeit von Sanierungsmaßnahmen ein.

Aktuell fließen laut Jany insgesamt rund 70 Prozent der Wohnbaufördergelder in Österreich in den Neubau, 30 Prozent in die Sanierung von Objekten. Naturgemäß würde man sich bei der GDI wünschen, dass – wo möglich – nur noch auf Passivhaus-Standard saniert wird. "Das ist beim Altbestand zwar nicht so einfach lösbar, aber es ist lösbar", so Jany im Gespräch mit derStandard.at – "doch es kostet Geld."

Kritik am Fördersystem

Bei diesem Punkt hat man beim GDI einiges zu kritisieren: Es gebe zwar in einigen Bundesländern wie Vorarlberg oder Niederösterreich bei den Förderungen für Wohnraumsanierung "mehr oder weniger gute Ansätze", die Grenzwerte seien aber vielfach noch zu hoch angesetzt. Vom Land Niederösterreich werden etwa thermische Sanierungen im Ausmaß von 100 Prozent der anerkannten Sanierungskosten gefördert (in Form eines nicht rückzahlbaren jährlichen Zuschusses zu den angenommenen Darlehensraten), wenn eine Mindestenergiekennzahl von 70 kWh/m2/Jahr erreicht wird oder wenn nachgewiesen wird, dass die Differenz zwischen dem Ist-Zustand und dem sanierten Zustand mindestens 50 Prozent beträgt.

"Die Bundesländer müssen ihre Wohnbauförderungsgelder verstärkt in die Modernisierungsbereiche lenken und das Instrument des Energieausweises an engagierte Energiekennzahlen binden", appelliert Jany. Von der Bundesregierung wiederum erwartet er sich, dass steuerliche Anreize geschaffen werden.

Mit ihren Forderungen nach besserer Förderung von Sanierungen ist die GDI keineswegs alleine: Auch die IG Passivhaus wünscht sich "verbesserte Anreize" in der Altbausanierungsförderung in Richtung einer thermisch optimierten Sanierung und einer Ausweitung bis zum Passivhausstandard. Und auch die Wirtschaftskammer schlug kürzlich eine "konzertierte, zeitlich begrenzte Sonderaktion aller Bundesländer" zur Förderung der thermischen Sanierung aus Mitteln der Wohnbauförderung vor.

Teil 2: Starke "Rendite", schwache Emissionen

Die Fakten sprechen tatsächlich für sich: Im Jahr 2003 erstellten die Donau-Uni Krems und die Uni Klagenfurt im Auftrag der Gemeinschaft Dämmstoff Industrie eine Studie zu den Potenzialen der Althaussanierung. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass bei einem 1963 errichteten, freistehenden Einfamilienhaus mit zwei Geschossen die Heizkosten mit einer thermischen Sanierung um fast vier Fünftel reduziert werden können – von 1.900 auf unter 400 Euro pro Jahr.

Wenn die Wärmedämmung im Zuge einer ohnehin nötigen Sanierung erfolgt, ist durch die Heizkosteneinsparung von 1000 bis 1500 Euro pro Jahr mit einer "Rendite" von jährlich 9 bis 14 Prozent und einer Amortisationsdauer von 7,6 bis 12,5 Jahren zu rechnen. Werden die gesamten Kosten der Gebäudesanierung herangezogen, beträgt die Rendite immer noch zwischen 7 und 12 Prozent und die Investition amortisiert sich nach 10 bis 15 Jahren. Verglichen mit einem Sparbuch sei eine thermische Sanierung also hochprofitabel, "und auch mit Aktien am Kapitalmarkt ist diese Rendite fast nicht zu schaffen", so Jany.

Der Emissionswert des oben beschriebenen Altbestand-"Musterhauses" von 1963 konnte im Rahmen der Studie von jährlich zwölf Tonnen auf unter fünf, mit einer Sanierung in Richtung Niedrigenergiehaus sogar auf nur 2,4 Tonnen CO2 pro Jahr reduziert werden.

Vollwärmeschutz der Gebäudehülle

Auf eines kommt es beim thermischen Sanieren jedenfalls besonders an: die Gebäudehülle. Wände, Dach, Keller und Fenster bestimmen zum größten Teil den Energieverbrauch des Gebäudes. Schon eine "zögerliche" thermische Sanierung mit 8 cm dickem Vollwärmeschutz, Dämmung der obersten Geschoßdecke und der Kellerdecke sowie neuen Fenstern kann die Heizkosten auf zwei Fünftel des Ursprungswerts reduzieren helfen. Wer umfassend saniert, mit 18 cm Vollwärmeschutz und Heizkessel-Tausch, senkt die Heizkosten um 70 bis 80 Prozent.

Nicht in Geldwert zu messen sind aber noch andere Vorteile einer thermischen Sanierung: Weil die Innenseiten der Wände nicht so stark abkühlen, steigt die Behaglichkeit der Gebäudebewohner; gut gedämmte Decken- und Fensteranschlüsse vermeiden Wärmebrücken, was wiederum Schimmelbildung vorbeugt. Außerdem kommen gut gedämmte Häuser mit Wand- und Fußbodenheizungen aus, Heizkörper sind also nicht mehr notwendig.

Die höhere Behaglichkeit eines sanierten Eigenheims zählt Jany neben den Heizkosteneinsparungen auch zum zweiten Hauptgrund für eine Sanierung: "Die Oberflächentemperatur der Innenwände steigt, wenn sie gut gedämmt sind. Man braucht dann die Heizung nicht mehr so weit aufzudrehen, kann das Heizniveau also auf Dauer niedriger halten."

Volkswirtschaftlich sinnvoll

Sogar noch eine vierte "Win"-Situation ergäbe sich, wenn Bund und Länder die oben erwähnten Forderungen von GDI, IG Passivhaus und WKÖ umsetzen und so den österreichischen Hausbesitzern die thermische Sanierung schmackhaft machen würden: Ein umfassendes Modernisierungsprogramm würde langfristig zusätzlich rund 11.000 Arbeitsplätze schaffen und die CO2-Bilanz in Österreich um vier bis fünf Millionen Tonnen verbessern, hat das Wifo errechnet – bei Investitionskosten von rund fünf Milliarden Euro.

Zum Vergleich: Wegen der wahrscheinlichen Verfehlung der Kyoto-Ziele drohen der Alpenrepublik in den Jahren 2008 bis 2012 Strafzahlungen in der Höhe von rund vier Milliarden Euro. Mit dieser Summe könnten laut IG Passivhaus 29 Millionen Quadratmeter Altbauten und damit rund 70 Prozent dieser Wohnbauten auf Passivhausstandard saniert werden.

Sanierung und Freiflächen-Schaffung

Was bei Wohnbauten sonst noch alles möglich ist, zeigt das Team des Wiener Architekturbüros silberpfeil: Es hat mit der so genannten "Konzeptsanierung" eine Wohnhaussanierung entwickelt, bei dem nicht nur die thermische Sanierung und der Einsatz von ökologischen Baustoffen, sondern auch die Schaffung neuer Freiräume für die Bewohner im Vordergrund stehen. So wurden etwa bei der kürzlich erfolgten Sanierung eines Wohnhauses im 2. Wiener Bezirk hofseitig gerüstartige Konstruktionen angebracht, in die Balkone und Loggien "eingehängt" wurden; bei neu geschaffenen Wohnungen im Dachbereich sind Terrassen vorgesehen. Die Kosten für die Errichtung dieser Freiflächen seien im Vergleich zu den Kosten für die Sanierungsarbeiten im Gebäude und in der Wohnung gering, die Mieter würden dadurch aber eine spürbare Aufwertung der Wohnqualität erfahren, die eventuell höhere Mietkosten aufwiege.

Die Herausforderung bei klassischen Sanierungsaufgaben liegt für die silberpfeil-architekten in der Verbindung der Qualitäten des Altbestandes mit den Vorteilen moderner bautechnischer Möglichkeiten. "Wir planen für ein urbanes Publikum. Für diese Menschen ist die Wohnqualität zu einem wichtigen Thema bei der Wohnungssuche geworden", erklärt Architekt Peter Rogl. Mit der Umsetzung der Konzeptsanierung schaffe man "Topqualität im sozialen Wohnbau. Um diese erreichen zu können, beziehen wir von Beginn an Überlegungen zu den Themen Ökonomie und Umsetzbarkeit in unseren Planungsprozess ein." (Martin Putschögl)