Martin Gleitsmann

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Wien – Spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2007 werden die Sozialpartner die derzeit noch völlig offenen arbeits- und sozialpolitischen Themen eines Mindest- und Kombilohns, eine bessere Absicherung von Selbständigen und die Pfusch-Bekämpfung unter Dach und Fach haben. Davon zeigt sich Martin Gleitsmann, oberster Sozialpolitiker in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), im Gespräch mit dem Standard überzeugt. Bei einem Sozialpartnergipfel am Mittwoch im Haus von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hatte man sich im Hinblick auf Zeitvorgaben noch bedeckt gehalten.

Bereits vor der Kollvektivvertragsrunde im Herbst soll der von Sozialminister Erwin Buchinger angekündigte Mindestlohn von 1000 Euro umgesetzt werden.

Freiwillig versichert

Weit sind Gewerkschafter und Wirtschaftsvertreter bereits auch beim Thema der so genannten erweiterten Arbeitslosenversicherung gekommen. Ab Herbst sollen Unternehmer in eine freiwillige Arbeitslosenversicherung einzahlen können. Ähnlich wie bei der Pensionsversicherung wäre dann gewährleistet, dass vor allem Einzelunternehmer – die vielleicht zuvor als Dienstnehmer jahrelang Arbeitslosenbeiträge abgeliefert haben – diese nicht verlieren. Zudem würden auch Uni-Absolventen, die sofort als Firmengründer durchstarten, davon profitieren können.

Noch nicht ganz so weit, sind die Sozialpartner in ihren Verhandlungen über das angekündigte Anti-Pfusch-Gesetz. Streitpunkt ist dabei vor allem die geplante Generalunternehmerhaftung. Dies bedeutet, dass der Hauptunternehmer künftig auch für die Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung seiner Subfirmen haften soll, um zu verhindern, dass diese ohne Sozialleistungen über Nacht verschwinden.

Intensiv prüfen

Gleitsmann will hier noch ein holländisches Projekt intensiv prüfen: "Dort müssen sich Firmen einen eigenen Topf schaffen, in dem diese Beiträge zwischengelagert werden." Außerdem wehren sich die Unternehmervertreter dagegen, dass vor allem Baufirmen neue Mitarbeiter noch vor oder bei Arbeitsbeginn anmelden müssen: "Probleme treten hier nur bei zwei bis drei Prozent der Firmen auf, es werden aber alle in die bürokratische Pflicht genommen." Schwierig werden die Verhandlungen aber auch beim Thema Kombilohn. Für die Wirtschaft ist diese Job-Subvention für den Niedriglohnbereich ein wirkungsvoller Anreiz, die Arbeitnehmer sehen darin lediglich eine Firmenstützung.

"Hamburger Modell"

Wie exklusiv berichtet, will Gleitsmann ein "Hamburger Modell" prüfen, bei dem das Kombi-Einkommen von 1000 auf 1500 Euro steigen würde. Zudem will er sich auch noch in der Schweiz umschauen. Dort werden Arbeitslose mit Cash motiviert, im Sinne einer Übergangslösung (parallel zur Stellensuche) einen einkommensmäßig schlechteren Job anzunehmen. Die Arbeitslosenversicherung kompensiert den – aufgrund des früheren Einkommens berechneten – Erwerbsausfall. Dabei erhält der Arbeitnehmer einen höheren Lohn, als wenn er nicht jobben würde. Dieser Zwischenverdienst ist primär für schwer vermittelbare Personen attraktiv, weil sich der Bezug der Arbeitslosenentschädigung immer wieder erneuern lässt. (Monika Bachhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.2.2007)