Warschau - Rund 20 Abgeordnete und Senatoren der rechtskonservativen polnischen Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) drohen mit einem Verlassen der Fraktion, falls das Parlament nicht bald über eine Verfassungsänderung abstimmt, die zu einer Verschärfung des Abtreibungsrechts führen würde. Das berichtete die Tageszeitung "Dziennik" am Donnerstag.

Premier Jaroslaw Kaczynski, der sich der Änderung widersetzt, nimmt die Drohungen nach Angaben des Blattes nicht ernst. Der Regierungschef hatte sich in der Abtreibungsfrage mit dem Chef der größten Oppositionspartei PO (Bürgerplattform), Donald Tusk, abgesprochen. Beide Politiker wollen den erzielten Kompromiss offenbar nicht in Frage stellen.

Mögliche Verzögerung

Um die Arbeiten an der von der national-katholischen Regierungspartei Liga Polnischer Familien (LPR) vorgeschlagenen Verfassungsänderung zu bremsen, beantragte die PO vor kurzem die Erweiterung des zuständigen Parlamentsausschusses um weitere acht Abgeordnete. Sollte der Antrag erfolgreich sein, müsste der Ausschuss seine Arbeit von vorne beginnen, und die Abstimmung über die Novelle würde sich verzögern. Nach Angaben von PO-Fraktionschef Bogdan Zdrojewski stammte die Idee zur Erweiterung des Ausschusses aus der größten Regierungspartei selbst, von PiS-Fraktionschef Marek Kuchcinski.

Die LPR will Artikel 38 der polnischen Verfassung - "Die Republik Polen gewährleistet jedem Menschen rechtlichen Schutz des Lebens" - um die Zusatz "vom Moment der Befruchtung an" erweitern. Nach einer eventuellen Verabschiedung der Novelle könnte die LPR dann gegen das "Gesetz über Familienplanung" vor das Verfassungsgericht ziehen.

Die bestehenden Regelungen für Schwangerschaftsabbrüche in Polen gehören zu den restriktivsten in Europa. Eine Abtreibung ist in Polen nur nach einer Vergewaltigung, bei schwerer Behinderung des Fötus oder einer Bedrohung der Gesundheit oder des Lebens der Mutter gestattet. (APA)