Linz - "Eine Zugfahrt, die ist lustig ..." und kann offensichtlich auch entscheidend zur Besserung des Koalitionsklimas beitragen. Pünktlich um 7.30 Uhr bestiegen die Spitzen der neuen Bundesregierung Freitagfrüh den Eurocity "Maria Theresia". Gemeinsames Reiseziel: die erste Regierungsklausur des Kabinetts Gusenbauer I im Linzer Ars Electronica Center. Doch beherrschende Konfrontationsthemen der letzten Zeit waren bereits vor dem eigentlichen Klausurbeginn auf Schiene.

Im Schoß "Maria Theresias" zogen sich Bundeskanzler Gusenbauer (SPÖ) und Vizekanzler Wilhelm Molterer (ÖVP) zu einer Aussprache in ein eigenes Zugabteil zurück. Nach einem längeren Vier-Augen-Gespräch bat man dann zunächst Arbeitsminister Martin Bartenstein (ÖVP) und Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) ins Abteil, dann folgten Infrastrukturminister Werner Faymann (SPÖ) und Umweltminister Josef Pröll (ÖVP). Noch ehe der Schaffner den Linzer Hauptbahnhof einpfeifen konnte, wurde im Sonderabteil rund um den Facharbeiterstreit die Friedenspfeife gereicht.

Details präsentierten dann Kanzler Gusenbauer und Vize Molterer bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zur Klausur-Halbzeit. Dabei wurde eines rasch klar: Die ÖVP hat sich mit ihrem Wunsch, Facharbeiter aus den neuen EU-Ländern in Österreich zuzulassen, letztlich doch durchgesetzt.

Vereinbart wurde, dass heuer bis zu 800 Fachkräfte aus der Metall verarbeitenden Industrie beschäftigt werden dürfen. Die Zustimmung der SPÖ holte sich die Volkspartei mit dem Einverständnis, eine höhere Mobilitätsprämie für österreichische Arbeitnehmer einzuführen. Im Gegenzug werden die Zumutbarkeitsbestimmungen verschärft. In der Praxis soll der heimische Facharbeiterbedarf künftig jährlich neu definiert werden. "Durch diese jährliche Umfrage soll der Bedarf an Fachkräften erhoben werden, um dem AMS die Grundlage für die kurzfristige Facharbeiterausbildung zu geben. Diese Maßnahme soll durch eine Mobilitätsprämie unterstützt werden", kündigt Gusenbauer an.

Die Höhe der Prämie für mobile Arbeitskräfte, die bei Fahrten von mehr als zwei Stunden ausgeschüttet werden soll, sei noch Teil von Verhandlungen. Sollte es trotz dieser Maßnahme einen verstärkten Bedarf der Wirtschaft geben, so werde es "auf dem Verordnungsweg" einmal jährlich die Möglichkeit geben, diesen durch Menschen aus dem Ausland abzudecken.

Mobil mit Nachdruck "Diese sektorale Öffnung des Arbeitsmarktes wird jedoch nur ein Spitzenausgleich sein, die Beschäftigungsbewilligung wird auf 50 Wochen beschränkt sein. Es ist unser Ziel, die Menschen in Österreich bestmöglich zu fördern", erläutert Gusenbauer. Den Betrieben wird laut Regierungseinigung die Möglichkeit geboten, ihren Bedarf an Fachkräften anzumelden.

Gebe es dann, etwa durch Auftragsspitzen, einen Mangel an inländischen Arbeitnehmern, könne der Wirtschaftsminister per Verordnung maximal 800 Fachkräfte aus den neuen EU-Ländern genehmigen. Dank der verschärften Zumutbarkeitsbestimmungen, die vor allem längere Arbeitswege voraussetzen, wird Immobilität künftig sanktioniert werden.

Mehr Mobilität auf dem Weg zueinander scheint auf jeden Fall das erklärte Ziel von SPÖ und ÖVP zu sein. Nach dem holprigen Start versucht man sich jetzt im harmonischen Paarlauf. Misstöne, wie jene der protestierenden SPÖ-Jugend beim Eintreffen der Regierungsspitze in Linz, werden charmant weggelächelt.(Markus Rohrhofer/DER STANDARD, Printausgabe, 03.03.2007)