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Bawag-Untersuchung manipuliert? Ex-Minister wehrt sich.

Foto: APA/Jäger
Wien - Der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser soll im Frühjahr 2006 Untersuchungen zur Rolle der Bankenaufsicht im Bawag-Skandal manipuliert haben. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "profil" unter Berufung auf ein "Geheimdossier", welches Grassers ehemaliger Kabinettsmitarbeiter Hans-Georg Kramer im Namen des Ministers am 31. Mai 2006 an Nationalbank und Finanzmarktaufsicht (FMA) verschickt haben soll. Grasser weist die Anschuldigungen entschieden zurück.

Untersuchungs-"Ziele" vorformuliert

In besagtem Dokument begehrte das Kabinett Grassers unter anderem Auskunft über Verflechtungen zwischen Bawag und SPÖ, schreibt "profil". Außerdem seien in der Einleitung des insgesamt 90 Fragen umfassenden Fragenkatalogs "Ziele" formuliert worden. Damit sollte das Ergebnis der damals laufenden Untersuchungen im Rechnungshof-Unterausschuss vorweg genommen werden, so das Magazin. Wörtlich heißt es in dem Dokument laut "profil":
  • "Ziel - Keine Verfehlungen der Behörden;
  • Netzwerk der SPÖ verantwortlich für den Schaden in der Bawag und im ÖGB;
  • ÖVP/BZÖ-Regierung rettet die Bawag und 1,3 Mio. Menschen vor der Pleite".

    Die Empfänger des Papiers - Nationalbank-Direktor Josef Christl sowie FMA-Vorstand Heinrich Traumüller - bestätigten laut "profil" dessen Erhalt. FMA-Sprecher Klaus Grubelnik erklärte am Samstag gegenüber der APA, man habe die "sachlichen, nüchternen Fragen" beantwortet, u.a. zur Aufsicht und zur Aufsichtsentwicklung. Zur Formulierung der Fragen meinte Grubelnik, "wir können uns nicht aussuchen, wie das Ministerium die Fragen stellt".

    Am Sonntag präzisierte Grubelnik, die Bankenaufsicht sei nur für den ersten Themenblock ("Keine Verfehlungen der Behörden") zuständig gewesen. Ziel zwei (die Netzwerke der SPÖ für den Schaden verantwortlich zu machen) wäre Aufgabe der Österreichischen Nationalbank gewesen; Themenblock drei (Kommunikation der "Rettung" durch die Regierung) wäre vom Finanzministerium beantwortet worden.

    In dem vom "profil" veröffentlichten Faksimile seien diese Zuordnungen entfallen. "Dieses Dokument ist mir, so wie es im 'profil' veröffentlicht wurde, nicht bekannt", sagte Grubelnik zur APA. Die FMA sei nur nach Gebarung und Verbesserung der Aufsicht gefragt worden. "Alles andere geht uns nichts an", so der Sprecher. Er betonte zudem, dass es sich bei dem Papier nicht um ein "Geheimdossier" handle, sondern um einen Fragenkatalog in Vorbereitung auf den Rechnungshof-Unterausschuss, zu dem Grasser geladen war.

    Molterers Büro bestätigt Authentizität

    Das Büro des amtierenden Finanzministers Wilhelm Molterer (ÖVP), in dessen Kabinett Kramer nun tätig ist, bestätigte laut "profil" die Authentizität des Schreibens. Kramer habe für Minister Grasser Informationen beschafft, hieß es.

    SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter sieht in dem Schreiben einen "mutmaßlichen Missbrauch eines parlamentarischen Kontrollinstrumentes für Wahlkampfzwecke". Grasser habe offenbar zum Ziel gehabt, die versagenden Behörden in seinem Verantwortungsbereich weißzuwaschen, der SPÖ die politische Verantwortung zu unterschieben und die ÖVP-BZÖ-Regierung als Retter darzustellen, so Kräuter in einer Aussendung.

    Neben Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) (siehe Artikel) haben auch die Grünen heftige Kritik an Grasser geübt. Der Abgeordnete Werner Kogler sprach von einer "klassischen ÖVP-Grasser-Manipulation". SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina kündigte an, eine Sachverhaltsdarstellung betreffend des Vorgehens der FMA in der Causa Bawag einzubringen.

    Auch die FPÖ forderte Grasser zu einer "umgehenden Klarstellung" auf. Die Formulierung von "Zielen" in dem Schreiben an die Nationalbank und die FMA durch das Kabinett des Finanzministers stelle "nichts anderes als eine indirekte Weisung" dar, so FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, der einen "Skandal der Sonderklasse" ortete.

    Grasser weist Anschuldigungen zurück

    Grasser hat die Anschuldigungen am Samstag hingegen entschieden zurück gewiesen. Gegenüber der APA sagte er, die Vorwürfe entbehrten "jeder Grundlage". Er habe als Finanzminister lediglich sein "Recht auf Selbstverteidigung" wahrgenommen, besagten Fragebogen habe er in Vorbereitung auf den Rechnungshof-Unterausschuss versendet, um sich gegen Anschuldigungen der Opposition zu wappnen.

    Dass er eine "Zielvorgabe" in seiner Anfrage verpackt habe, bezeichnete Grasser als "selbstverständliches Einmaleins der Politik". SPÖ und Grüne hätten die Bundesregierung und ihn als Finanzminister damals massiv angegriffen und die Schuld an der Bawag-Affäre in einem Versagen des Finanzministeriums geortet. "Logischerweise" habe er auf diese Angriffe entsprechend reagiert, so Grasser. Zu der von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina angekündigten Sachverhaltsdarstellung meinte der Ex-Finanzminister: "I could not care less" ("Es schert mich nicht im geringsten"). (APA)