Josef Pröll erklärt auch was er mit Heimaturlaub statt Fernreise meint.

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Standard: Sie sind seit sieben Jahren Umweltminister, die CO2-Bilanz Österreichs hat sich verschlechtert ... Josef Pröll: ... da täuschen Sie sich. Ich bin seit vier Jahren Umweltminister und habe seitdem mit Hochdruck an dem Thema gearbeitet. Aber: Es ist nicht die Verantwortung des Umweltministers allein, Emissionen zu reduzieren. Das Thema geht uns alle an, jeder muss an seinem Hebel drehen. 50 Prozent des CO2-Ausstoßes kommt von Autofahrten unter fünf Kilometern. Ich bin froh, dass endlich so breit über dieses Thema diskutiert wird.

Standard: Österreich entfernt sich immer mehr vom Kioto-Ziel einer 13-prozentigen Verringerung der CO2-Emissionen.

Pröll: Es stimmt, 2005 mussten wir eine ernüchternde Bilanz vorlegen. Entscheidend sind die Daten in der Zielperiode. Da sollten sich die Maßnahmen niederschlagen, die ich seit 2003 gesetzt habe – von der Biosprit-Beimischung über ökologische Mindeststandards im Wohnbau bis zu Maßnahmen in der Industrie.

Standard: Sie haben heftige Kritik einstecken müssen wegen Ihrer Forderung, mehr Heimaturlaub zu machen als Fernreisen. Übers Ziel geschossen?

Pröll: Absolut nicht. Die Diskussion und die Umfragen zeigen, dass viele Österreicher dem zustimmen. Es ist unverzichtbar, dass nachgedacht wird, was jeder Einzelne beitragen kann.

Standard: Sind angesichts der Dramatik des Klimawandels die gesetzten Maßnahmen nicht zahnlos? Muss es nicht richtig wehtun, damit sich im Verhalten etwas ändert?

Pröll: Gewisse Maßnahmen werden auch schmerzen. Ich bin einer, der nicht auf Ökodiktatur setzt, sondern auf die Beteiligung und das Verantwortungsgefühl jedes Einzelnen. Die Politik stößt mit Vorgaben manchmal an ihre Grenzen. Ich finde es zum Beispiel widersinnig, einen autofreien Tag zu verordnen. Jeder von uns, dem es um Klimaschutz geht, hat die Freiheit, sein Auto stehen zu lassen, dazu bedarf es keines Gesetzes.

Standard: Glauben Sie an die Kraft der Appelle oder bedarf es nicht doch der Gesetzesrute?

Pröll: Beides ist notwendig. Wir haben den Rahmen für Umweltförderungen im Inland von 80 auf 90 Millionen Euro erweitert und werden darüber hinaus auch vermehrt „grüne“ Investitionen im Ausland tätigen. Gemeinsam mit den Ländern werden wir auch ganz massiv in die ökologische Verbesserung der Wohnbauförderung investieren.

Standard: Warum sitzen Sie nicht schon längst mit den Ländern zusammen und stellen die Wohnbauförderung um?

Pröll: Unter meiner Führung hat es erstmals eine 15a-Vereinbarung mit den Ländern gegeben, mit der ökologisch einheitliche Mindeststandards für die Wohnbauförderung festgeschrieben wurden. Vorher war es undenkbar, dass der Bund dort, wo andere Gebietskörperschaften rechtlich Verantwortung tragen, auch nur ansatzweise einheitliche Standards verlangen konnte. Klar ist auch, wir müssen noch einen Schritt weiter gehen.

Standard: Warum so zaghaft, wieso packt man nicht jetzt, wo der Klimawandel in aller Munde ist, die Gelegenheit beim Schopf, um wirklich Nägel mit Köpfen zu machen?

Pröll: Man muss die Realverfassung Österreichs akzeptieren. Oder wir verändern die Kompetenzlage. das ist eine Entweder-oder-Frage, deshalb setze ich lieber auf Kommunikation und Zielvorgaben gemeinsam mit den Ländern.

Standard: Was ist denn Ihr persönlicher CO2-Fußabdruck?

Pröll: Den habe ich noch nicht ermittelt. Aber ich bemühe mich zusammen mit meiner Familie, wann immer es geht mit dem Zug in den Urlaub zu fahren und in der Stadt zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. Es geht nicht darum, auf alles zu verzichten. Es geht vielmehr um die persönliche Steuerung, einen kleinen Trend anders zu setzen. (Günter Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.3.2007)