Stefan Sagmeisters Entwurf (li.) wird realisiert, "Gefallene Helden" vielleicht.

Fotos: Linz 09 / Stadtarchiv Linz

Es fehlen Zusagen für Projekte und ein Leitfaden, was vor allem die freie Szene ärgert. Kerstin Scheller berichtet.

Die Konzeption für "Linz 09" befindet sich in der entscheidenden Phase. In zwei Monaten soll das Programm der europäischen Kulturhauptstadt 2009 vorliegen, meint Intendant Martin Heller. Bis dahin müssen sich die Kulturschaffenden in Linz noch gedulden. Was bei einigen für Unmut sorgt.

"Ich fühle mich in der Warteschleife", sagt Harald Gebhartl, künstlerischer Leiter vom Theater Phönix. Anstelle einer Projektzusage erhielt er die Empfehlung, 2009 ein Gastspiel ins Programm aufzunehmen. "Unser Uraufführungstheater ist sicherlich keine Gastspielstätte", wehrt er die Pläne ab. Er gewinne den Eindruck, es gehe der Intendanz nur darum, dass "Linz brilliert". Dafür würden einerseits Kräfte von außen geholt, andererseits Kulturinstitutionen wie das Ars Electronica Center (AEC), der Südflügel des Schlosses und das Musiktheater um- oder neu gebaut.

In Linz werde "Kultur in Kubikmeter Beton gemessen", meint Gebhartl. Er kann nur wieder auf die Fehler in Graz hinweisen, wo eben zu viel in Prestigeprojekte investiert worden sei.

Nicht weniger kritisch sieht Hans Kropshofer vom Institut für urbane Forschung und Gestaltung "transpublic" die Arbeit der Intendanz. Bisher hat das Team 900 Ideen gesammelt, die "angeschaut, selektiert und dann zu 80 Prozent in den Mistkübel gehauen werden". Bei diesem Kuratorenmodell fehle ihm eine "offensive Herangehensweise". Darunter versteht er, nicht nur die Ressourcen – in Form von eingereichten Ideen -, sondern auch die Produktivität der (freien) Kunstschaffenden zu nutzen und mit ihnen gemeinsam Konzepte weiterzubringen. Sein Institut habe ein Vorprojekt erarbeitet, dies liege nun bei der Intendanz. "Ich habe keinen Einblick, wie jetzt damit umgegangen wird", bemängelt Kropshofer.

"Urbane Qualität"

Es fehle noch "die große Linie" für Linz 09, meint auch der Rektor der Kunstuniversität, Reinhard Kannonier. In dem Punkt kann er sich der Kritik von Kropshofer anschließen. Dennoch findet er die Herangehensweise von Heller " sehr strukturiert". Der Grundansatz, "auf urbane Qualität zu achten", gefalle ihm, da somit automatisch die in Linz sehr aktive freie Szene gestützt werde. Diese brauche aber, so der Uni-Rektor, jetzt Zusagen. Die Initiative "quiOchÖ experimentielle Kunst und Kulturarbeit" hat für ihr Projekt – eine kritische Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Denkmälern der NS-Zeit – noch kein Okay. Reiterstandbilder, die Hitler auf der Nibelungenbrücke aufstellen hat lassen, sollen 2009 wieder dorthin zurück, "um sie nach einiger Zeit endgültig ihrem vorbestimmten Schicksal zu überlassen", so die Idee von "quiOchÖ". Die Nachbauten lösen sich auf.

"Ich verstehe diese nervöse Aufregung rund um Linz 09 überhaupt nicht", meint AEC-Direktor Gerfried Stocker. "Kritik üben die, die sich offensichtlich zu wenig im Mittelpunkt wähnen. Aber genau von diesem Provinzialismus muss sich Linz für 2009 verabschieden."

Positive Erfahrungen mit der Intendanz machte bisher Martin Sturm, Direktor des O.K Centrum für Gegenwartskunst. Am 11. Mai wird das erste Großprojekt starten – entwickelt vom OK. Der "Schaurausch" will aus der Linzer Einkaufsstraße eine Kunstmeile machen. "Für uns ist es das erste Mal, dass wir mit einer Ausstellung aus unserem Haus herausgehen", sagt Sturm. Die Chance, nicht zuletzt auch durch die finanzielle Absicherung, "das Gewohnte zu überschreiten", könne nur durch Linz 09 geboten werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.3.2007)