Kulturpessimist, Menschenfeind und Faschist: Johann Schuff, Protagonist von "Einst süße Heimat"

Foto: Diagonale © Gerald Igor Hauzenberger
Der Glaube an die Menschheit ist Johann Schuff irgendwann abhanden gekommen. Vielleicht hat er ihm auch schon immer gefehlt. Seine Ansichten sind die eines fatalistischen Misanthropen. Die verschiedensten ideologischen Reste des vergangenen Jahrhunderts lassen sich darin bestimmen – nicht zuletzt solche aus den Irrlehren des Nationalsozialismus: Demokratie? Unsinn! Das Volk müsse von einem starken Mann geführt werden, ansonsten würde Chaos drohen.

Johann Schuff ist neben Maria Huber, die 65 Kilometer von ihm entfernt lebt, einer der beiden Protagonisten von Gerald Igor Hauzenbergers Dokumentarfilm Einst süße Heimat – Begegnungen in Transsylvanien. Beide gehören einer schwindenden Minderheit aus deutschen und österreichischen Einwanderern an, die von den anderen Ethnien Siebenbürgens stets völlig abgesondert gelebt haben. Dementsprechend isoliert und von den Entwicklungen der Zeit unbehelligt hat sich in diesen Personen Geschichte konserviert – das macht sie zu wertvollen, wenngleich keinesfalls einfachen Figuren.

Hauzenberger tritt seinen Protagonisten mit Offenheit entgegen und bettet sie mit behutsamer Kameraführung in das dörfliche Umfeld ein. Im Fall von Maria Huber erweist sich das als unverfängliches Projekt: Die alte Frau erinnert sich immer noch lebhaft an ihre Zeit in sowjetischer Gefangenschaft, sie erzählt von der Herkunft ihrer Verwandten, die in Siebenbürgen ihr Glück versuchten, und davon, dass es nach dem Krieg kaum noch Männer gab, mit denen sich das Familienprojekt hätte weiterführen lassen.

Abwesendes Volk

Schon an ihrer Person wird deutlich, wie sehr sich hier eine Minderheit über den Rekurs auf heimatliche Werte der Zugehörigkeit zu einem letztlich abwesenden Volk versichert. Die Lieder und Gedichte, die den Film wie Kurzkommentare begleiten, liefern andere Beispiele für diese Sehnsucht, die nie gestillt werden konnte. Besonders offensichtlich wird der Mangel aber erst in den Ausführungen von Schuff, der seine Enttäuschung über den Ausgang des Zweiten Weltkriegs nicht verschweigt.

Hauzenberger gibt den Ausführungen dieses Ewiggestrigen lange Zeit breiten Raum, ohne zu intervenieren. So kann man miterleben, wie er vor einer Gruppe von Roma seine rassistischen Auffassungen ausführt oder kulturpessimistisch über die Hybris der Menschheit lamentiert. Die Verlorenheit dieses Menschen ist so groß, dass sie an etlichen Stellen schon wieder komisch erscheint. Dabei ist es das Verdienst dieses Films, dass er seine Protagonisten nicht desavouiert: Erst als Schuff die Existenz von Gaskammern anzweifelt, greift Hauzenberger ein – dass er ihn überzeugen wird, darf ausgeschlossen werden. 00 (Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Printausgabe, 20.03.2007)

21. 3., Schubert 1, 22.00; Wh.: 22. 3., 22.00