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Die größte Shoppingcity Europas liegt im Süden Wiens. Die SCS könnte bald Konkurrenz in der Nachbarschaft bekommen, wenn das nicht unumstrittene Projekt Rothneusiedl tatsächlich verwirklicht wird.

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Manchmal erliegen offenbar auch ernsthafte Projektbetreiber kindlichen Anwandlungen. Ein Eindruck, den zumindest die Homepage des "Stadion Center" hinterlässt. Da wird launig verglichen: 112 Tonnen Glasflächen oder das Gewicht von 56 Geländewagen seien verbaut worden. Sowie 55.000 Kubikmeter Beton, also die Betonmasse der Reichsbrücke. Und 15.000 Quadratmeter Fliesen wurden verlegt – die Ausstattung von 350 Einfamilienhaus-Bädern. Kurzum: Man ist stolz auf das eigene Einkaufszentrum, das, angesiedelt bei der U2-Station "Stadion" (gerade im Bau) beim Happel-Stadion, im August eröffnen soll.

Damit wird Wiens Einkaufszentren-Landschaft wieder ein gutes Stück größer: und zwar um exakt 21.000 Quadratmeter. In der Wiener Wirtschaftskammer sieht man den Trend zum EKZ mit gemischten Gefühlen. "Wir haben schon an sich eine sehr hohe Verkaufsflächendichte", sagt die Präsidentin der Wiener Wirtschaftskammer, Brigitte Jank, im STANDARD-Gespräch. Mit den Zentren "verschiebt sich diese zu Ungunsten der Einkaufsstraßen und Nahversorger". Damit verändere sich das Stadtbild und eine Fülle an Unternehmen würden verloren gehen, warnt Jank. Seitens der Wiener Kammer werden daher nur jene Einkaufszentren als "positiv bewertet, die sich in Bestehendes integrieren". Als Beispiel dafür nennt Jank das geplante Projekt beim Zentralbahnhof. Wenig Freude hat man, wo das nicht geschieht: Jank zählt dazu den Plan in Rothneusiedl ein Einkaufszentrum zu bauen, wie auch jenes beim Happel-Stadion. Von Letzteren seien, findet Jank, mittlerweile "bereits genug vorhanden".

"Mehr als Region denken"

Neben den Versuchen der Kammer, die bestehenden Einkaufsstraßen zu attraktivieren, fordert die Wiener Präsidentin auch, dass "mehr als Region" gedacht und gearbeitet werden müsse. Jank verlangt außerdem "neue Verteilungsstrukturen" für Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Einen ähnlichen Vorstoß hatte kürzlich die Chefin der Wiener Grünen, Maria Vassilakou, schon im Gespräch mit dem Standard eingebracht.

Auch Sonja Zwazl, Janks Pendant in Niederösterreich, glaubt nicht, dass es noch mehr Einkaufszentren im Großraum Wien braucht. Zwazl: "Der Bedarf an neuen Verkaufsflächen ist aufgrund unserer Unterlagen nicht gegeben. Ich frage mich, ob das Ende der Fahnenstange da nicht schon erreicht ist." Kämpft Jank für die bestehenden Einkaufsstraßen, so sind es bei Zwazl die Orts- und Stadtkerne. "Es geht ja auch um Vielfalt", sagt sie. Denn Einkaufszentren seien mehr für Ketten interessant als für Einzelhandelsgeschäfte.

Dass es einen Trend zum Bau von Einkaufszentren gibt, hängt für Wolfgang Richter, Geschäftsführer von RegioPlan-Consulting damit zusammen, dass für Immobilienprojekte "momentan sehr viel Geld zur Verfügung steht". Das Interesse komme also eher von der Finanzseite. Richter sieht diesbezüglich ein "massives Konkurrenzdenken" zwischen der Stadt und Niederösterreich. "Den Wettstreit gibt es seit 30 Jahren und er zieht sich durch alle politischen Ebenen", sagt Richter. Und ergänzt: "Das wird unterstützt von den unterschiedlichen politischen Coleurs." Wo ein Einkaufszentrum gebaut wird, werden Arbeitsplätze geschaffen, Steuern eingehoben und so weiter. "In Gerasdorf wird eines geplant, Wien schlägt mit anderen Projekten wie Rothneusiedl zurück", sagt Richter. Wie Kammer-Präsidentin Jank hält auch Richter es für sinnvoll, Wien und Niederösterreich als "Region zu sehen". Für realistisch hält er das aber nicht. (Peter Mayr/DER STANDARD-Printausgabe, 20.03.2007)