Graz - Anlässlich ihres ersten "Spielfilms" widmet die Diagonale der Filmemacherin und Fotografin Lisl Ponger ein kleines Tribute: "Imago Mundi. Das Gültige, Sagbare, Machbare verändern" thematisiert wie viele frühere Arbeiten Pongers Welt-Bilder und den Blick auf das Fremde, aber auch das Verhältnis von Kunst und Politik - in einer vielschichtigen Inszenierung, die spielerisch Poesie und Reflexion verbindet. Die Premiere des knapp 40-minütigen Streifens am Dienstag Abend war in ein Kurzfilm-Programm eingebettet, das einen Bogen zurück zu Pongers zunächst stummen Anfängen auf Super 8 und ihren Found Footage-Arbeiten spannt.

Faszinosum des Exotischen

In "Souvenirs" (1982) montiert Ponger Szenen lateinamerikanischer Kinder, die Krieg spielen, mit Bildern marschierender Soldaten und Ausschnitten von Dreharbeiten (zu Franz Novotnys "Die Ausgesperrten") mit Statisten in Nazi-Uniformen. "Semiotic Ghosts" (1991) ist eine Art Reflexion über Ethnografie und Fotografie: Am Anfang des Streifens, der mit Klängen eines ägyptischen Orchesters blinder Mädchen unterlegt ist, steht ein symbolisches Bild von weißen Frauenkleidern, die an einem Baum aufgehängt sanft im Wind schwingen. Und "déja vu" (1995) spürt an Hand von Found Footage Filmen dem Faszinosum des Exotischen nach.

Kritik an heutigen Machtstrukturen

Ausgangspunkt für "Imago Mundi. Das Gültige, Sagbare, Machbare verändern" ist ein barockes Vanitas-Gemälde, Antonio de Peredas "Der Traum des Ritters", in dem ein schlafender Edelmann, bewacht von einem Engel, an einem Tisch sitzt, auf dem ein Arsenal an Requisiten und Zeichen religiöser und weltlicher Macht ausgebreitet ist. Das Bild lässt sich als Kritik an geistlichen und weltlichen Machtstrukturen lesen. Ponger wollte, wie sie bei der Premiere erläuterte, "mit der selben Grammatik wie das Stillleben Kritik an heutigen Machtstrukturen üben".

"Imago Mundi" ist in dem Sinn ein offener Transformationsprozess, der die Inszenierung und Reflexion eines Tableau vivant zeigt. Aus Peredas Edelmann wird ein Soldat (Julian Sharp) in einer Uniform, deren Muster eine alte Landkarte abbildet. In die Engelsflügel schlüpft eine schwarze Tänzerin (Moravia Naranjo), auf deren T-Shirt "Destroy Capitalism" aufgedruckt ist. Mit einer Tanzimprovisation, am Klavier, begleitet vom Musiker Peter Ponger, dem Bruder der Filmemacherin, und einer Szene aus Büchners "Woyzeck" (mit Julian Sharp und Marie-Christine Friedrich), wird die Frage von Macht und Unterwerfung in neue Kontexte gestellt.

Gemeinsames Essen

Zugleich diskutiert eine Runde aus Theoretikerinnen und Theoretikern - die schwarze österreichische Politaktivistin Araba Evelyn Johnston-Arthur, Nora Sternfeld, Luisa Ziaja und Ljubomir Bratic - über Kunst als Politik oder politisierte Kunst und die Frage nach einer schwarzen österreichischen Geschichte bzw. wo der Tod von Markus Omofuma und Seibane Wague darin zu verorten wäre. Beim gemeinsamen Essen, an dem auch Regieassistentin Anja Salomonowitz und Pongers langjähriger Partner Tim Sharp teilnehmen, wird aus Dimitri Dinevs "Engelszungen" vorgelesen, und zum Schluss zerstört Araba Evelyn Johnston-Arthur das inszenierte Welt-Bild und schafft so Platz für Veränderung.

"Imago Mundi. Das Gültige, Sagbare, Machbare verändern" ist auf Video gefilmt, als Kamerafrau konnte Ponger die Französin Caroline Champetier gewinnen, die schon mit Godard, Akerman und Rivette gearbeitet hat. Die Diagonale hat zu dem Streifen auch ein "materialien"-Blatt mit einem Essay von Bert Rebhandl herausgebracht.

Termine

Der Film wird noch am Sonntag um 14.30 Uhr im Geidorf Kunstkino gemeinsam mit zwei Kurzfilmen von Tim Sharp und Julian Sharp gezeigt. (APA)