Prag - Der tschechische Vize-Regierungschef Alexandr Vondra hat die Vorbereitung der "Berliner Erklärung" durch die deutsche EU-Ratspräsidentschaft kritisiert. "Sie formulieren es allein und unterschreiben es allein - warum soll man da überhaupt das Staatsoberhaupt nach Berlin entsenden?", sagte Vondra der Prager Zeitung "Lidove noviny" (Donnerstagsausgabe). Die tschechische Mitte-Rechts-Regierung werde erst noch entscheiden, ob sie Staatspräsident Vaclav Klaus tatsächlich für die gesamte Dauer der Feier am Wochenende nach Berlin schicken sollte, unterstrich Vondra: "Die Deutschen weisen Staatsmännern eine Statistenrolle zu."

Kritik an Berlin kam auch vom Prager Regierungschef Mirek Topolanek. "Wir werden große Probleme haben, der Erklärung zuzustimmen", sagte ein Sprecher der Ministerpräsidenten. "Offenbar handelt es sich nicht um einen feierlichen Text für die Menschen, sondern um eine kontroverse politische Bekanntmachung."

Der tschechische Unterhändler Jan Zahradil warf der deutschen EU-Ratspräsidentschaft vor, sie lasse Kritiker nicht zu Wort kommen. "Ich bin überzeugt, dass es Bestandteil der deutschen Strategie ist, Vaclav Klaus und andere Kritiker daran zu hindern, in Berlin eine Diskussion über den Text zu eröffnen", wurde Zahradil von "Lidove noviny" zitiert.

Bereits am Mittwoch hatte Tschechien der deutschen EU-Ratspräsidentschaft mangelnde Kooperationsbereitschaft bei der Vorbereitung der "Berliner Erklärung" vorgeworfen. Prag stelle mit Bedauern und Überraschung fest, dass offenbar keine breitere Diskussion über den immer noch weitgehend unbekannten Text des geplanten Dokuments geplant sei, hatte Zahradil in einem Zeitungsinterview erklärt. Die deutsche Regierung hatte die Kritik zurückgewiesen.

Am Samstag und Sonntag kommen die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten zusammen, um den 50. Jahrestag der Römischen Verträge zu feiern. Im Rahmen dieses Gipfels soll eine inhaltlich bisher streng geheim gehaltene "Berliner Erklärung" unterzeichnet werden. Sie soll die Mitgliedstaaten feierlich darauf verpflichten, die Aufgaben der EU im 21. Jahrhundert gemeinsam anzugehen. (APA)