"Ich lerne recht schnell und effizient. Aber: Ich habe kein Talent für Sprachen." Eben deshalb verließ Christoph Müller (23) nach drei Jahren den Zweig Wirtschaftsingenieurwesen der HTL. Ein Deutschlehrer weigerte sich – als einziger der Abteilung – ihn aufsteigen zu lassen.

Christoph entschied sich für eine Lehre: Er sei mit Computern groß geworden und habe sich deshalb blind für eine EDV-Techniker-Ausbildung beworben.

"Die Arbeit hat mich gefordert", erzählt Christoph. Doch in der Berufsschule kamen ihm erste Zweifel. "Ich habe mich gefragt: Ich kenne die Welt der Lehre und da fühle ich mich wohl, aber soll das alles gewesen sein?" So entschloss er sich, die Matura nachzuholen. Ohne der Unterstützung durch seine Eltern, Förderungen und seinem Lehrgehalt ein unmögliches Unterfangen, wie Christoph betont.

"Hätte ich kein konkretes Ziel gehabt, dann wäre ich auch nicht motiviert genug gewesen." Denn jeden Abend saß er nach der regulären Arbeit in Kursen. "Eine enorme Belastung", sagt Christoph.

Nach seiner Lehre und Matura suchte er nach einem Studium, das mit einer Arbeit vereinbar ist. Er stieß auf das Jus-Fernstudium der Johannes-Kepler Universität in Linz. Durch Klausuren entging Christoph der Anwesenheitspflicht. Die Vorlesungen sind als Filme online und der Austausch mit dem Vortragenden findet live per Messenging-Funktion oder per E-Mail statt. "Wenn ich in der Früh ins Büro fahre, schließe ich meinen I-Pod an und höre mir die Vorlesung an." Eine kostspielige Angelegenheit, wie Christoph aus Erfahrung weiß. "Hätte ich nicht gearbeitet, hätte ich das nicht machen können." Mittlerweile ist ihm ein Vollzeitstudium möglich – der EDV-Techniker studiert nun auch Politikwissenschaft an der Uni Wien. Insofern ist sein Fernstudium keine arbeitstechnische Notwendigkeit mehr, doch der Wechsel an das Juridicum Wien ist ihm kaum möglich. "Man muss sich das vor Augen führen: Da redet man von einer Vereinheitlichung des Bildungssystems in Europa. Und ich kann mir zwischen österreichischen Unis nichts anrechnen lassen." (Louise Beltzung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.03.2007)