Der Überfall auf den Uhrmacher Meindl in der Wollzeile hat zwei Unbekannte um 50.000 Euro reicher gemacht. Der Coup war nur einer in einer Serie von Raubüberfällen.

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Junge Täter, teure Uhren, wenig Spuren

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Schusswaffen, Kinnhaken, Fußtritte: _Aggressive Räuber sorgen bei der Wiener Polizei derzeit für Hochbetrieb. Allein zwischen Dienstagabend und Mittwoch gab es sechs Überfälle, nur bei einem Delikt konnten die Täter auch gefasst werden - von Michael Möseneder

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Wien – "Ehrlich gesagt, ich glaube, dass wir uns daran gewöhnen müssen. Früher war Wien raubmäßig ein Dorf, jetzt wird es so wie in anderen Städten auch", prophezeit Peter Bachmann. Der Kriminalbeamte steht vor dem Eingang zum Uhrengeschäft Meindl in der Strobelgasse/Ecke Wollzeile – das gerade ausgeraubt worden ist. Und damit der fünfte Tatort in einer Raubserie, die seit Dienstagabend in Wien für außergewöhnlichen Arbeitsanfall bei der Exekutive sorgt.

Auslage in Griffhöhe

"Zwei Täter, einer bewaffnet, sind mit Kapuzen und Sonnenbrillen getarnt ins Geschäft gekommen, haben die Angestellten bedroht, eine Scheibe eingeschlagen und sind mit Uhren und der Kassa wieder auf die Wollzeile hinaus", fasst Bachmann den Zwei-Minuten-Coup zusammen. Genau eine Auslage ist leer geräumt – jene in der teure IWC-Uhren präsentiert worden sind. Ob diese spezielle Marke jemand bestellt haben könnte? "Kann man jetzt noch schwer sagen. So etwas gibt es immer wieder, andererseits liegt die Auslage auch genau in Griffhöhe. Vielleicht hat er sich einfach das Erstbeste genommen und Glück gehabt", spekuliert der Kriminalist.

14 Uhren erbeuten die beiden jungen Männer, über den genauen Wert der Beute wird vorerst nichts verlautbart. Doch bei Preisen zwischen 3000 und 11.700 Euro ist nicht schwer auszurechnen, dass es über 50.000 Euro sein müssen.

Post, Bank, Wettlokal

Erfolgreicher als die anderen Räuber in den Stunden davor und danach dürften sie gewesen sein, betrachtet man die Liste der Polizeimeldungen.

  • Dienstagabend, gegen 18.30 Uhr: In einem Drogeriemarkt in der Kendlerstraße in Wien-Penzing versetzt ein Unbekannter der Kassiererin einen Kinnhaken und verschwindet mit "ein paar Hundert Euro".

  • Gegen Mitternacht in einem Wettlokal in der Favoritenstraße im 10. Gemeindebezirk:_Eine 54-Jährige gewinnt einen größeren Betrag, ein Unbekannter verwickelt sie in ein Gespräch. Sie schenkt ihm zehn Euro, er schlägt ihr mit der Faust ins Gesicht und flüchtet mit dem Gewinn.

  • Gegen Mitternacht in der Dommesgasse in Simmering:_Vier Burschen, zwischen 16 und 25 Jahre alt, bedrohen mit einer Pistole einen 46-Jährigen und wollen sein Geld. Er wehrt sich, das Quartett tritt auf ihn ein und flüchtet schließlich ohne Beute. Die Bande wird jedoch kurz darauf von Polizisten entdeckt, zwei von ihnen werden angezeigt.

  • Mittwochmorgen, gegen 7.30 Uhr:_Zwei Männer betreten das Postamt in der Weintraubengasse im 2. Bezirk, eine Pistole wird gezückt, Geld aus der Kassa geraubt. Einer der Täter versetzt einem Angestellten einen Stoß, so dass dieser stürzt und sich leicht verletzt. Die mit Sonnenbrillen getarnten Täter flüchten unerkannt.

  • Kurz nach 10.00 Uhr der Überfall auf das Uhrengeschäft.

  • Gegen Mittag in der Breitenseerstraße 48 in Wien-Penzing:_Ein in schwarz gekleideter Mann mit roter Baseballmütze betritt die Raika-Filiale, zückt eine Schusswaffe und bedroht die Kassiererin, stopft Bargeld in seinen Rucksack und flüchtet mit einem silberfarbenen Skoda ohne Nummerntafeln.

    Wie sehr Wien vom Raubdorf zur Stadt geworden ist, zeigt ein Blick in die Kriminalstatistiken des Vorjahres. In Wien kamen auf 1000 Einwohner 2,21 Raubüberfälle, im ebenfalls grenznah gelegen Berlin lag diese Kennzahl bei 2,33 und in New York sank sie im Jahr 2006 auf 2,87 Delikte pro 1000 Bewohner. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe 5.4.2007)