Nina Dick reflektiert den White Cube, indem sie ihn in den Weltraum verschickt.

Foto: Nina Dick, Fotogalerie Wien

Gut "Angeknotet" (2007) ist wenigstens dieser White Cube vor dem Kollaps auf Erden gerettet.

Grafik: Nina Dick, Fotogalerie Wien
Foto: Nina Dick
Wer hätte nicht manchmal gerne und sogar mit dem allerhöchsten Vergnügen den so genannten "White Cube" in den Weltall befördern wollen? Dieses weiße Kasterl, egal welcher Größe und ganz gleich mit welcher Kunst befüllt, von seiner irdischen Verhaftetheit und uns von ihrer mitunter lästigen Bedeutungsschwere befreit. Eventuell mit einem schönen Kick ...

Einen wesentlich zärtlicheren Weg ins All für den "am gesellschaftspolitischen Gefüge zu ersticken drohenden" Kunstraum findet Nina Dick (geb. 1980 in Wien). Mittels Audio-Guide bereitet sie den Besucher sanft darauf vor, dass er sich jetzt nicht mehr mitten in Wien, sondern im Universum befindet - schwebend selbstverständlich: Vor ihm das Seilende von guten acht Zentimetern Durchmesser, an dem sich, wie an einer Nabelschnur mit Mutter Erde verbunden, der aus dem Souterrain der Fotogalerie kompliziert, aber behutsam herausgeschälte "White Cube" befindet. "Da der Kunstraum innen hohl ist, war es ein dementsprechend heikles Unterfangen ..." - das Herauslösen mit Hammer und Meißel sieht Dick als Reminiszenz an Gordon Matta-Clark, der die Geschlossenheit von musealen Räumen auch mittels Kettensäge aufzubrechen suchte.

Neben diesen lebendig werdenden, ebenso kecken wie reizenden "Räumlichen Visionen" steuern auch Hubert Blanz (geb. 1969, lebt in Wien) und Susanne Pomrehm (lebt in Köln und Berlin) ihre Vorstellungen von Raum bei. Fast scheint es so, als würde Blanz' Four Elevators, #81 sich wie ein gigantomanisches Star Wars-Raumschiff bedrohlich leise an Dicks weltraumspazierenden "White Cube" vorbeischieben. Die architektonischen Vorlagen seiner atmosphärisch unverortbaren und daher regelrecht außerirdisch anmutenden Fotomontagen stammen aus dem urbanen Raum: Aufnahmen von Fassaden Manhattans aus der Sicht einer Ameise und ebenso untersichtig aufgenommene Brückenkonstruktionen an den Verkehrsknoten des Wiener Autobahnringes.

Reales Raumgreifen von Bildmaterial aus dem virtuellen Raum des World-Wide-Web führt Susanne Pomrehm anhand von crystalline thinking vor. Fotos, für den Außenstehenden beliebige, werden von ihrem Innenleben, der in der Mitte liegenden primären Bildrealität befreit und auf ihren Rahmen reduziert zu neuen fragilen Landschaften arrangiert: poetische Geschichts(leer)räume, die über den Boden wuchern. (kafe/ DER STANDARD, Printausgabe, 5.4.2007)